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15. Feb. 2012

Squeeze-out: Kleinanleger ohne Chance

Gesellschafter, der 90 Prozent der Aktien besitzt, kann die Minderheit ausschließen. Was er dafür an Abfindung zu bezahlen hat, wird im Streitfall gerichtlich festgestellt. In diesem Verfahren hat der Hauptaktionär aber die weitaus besseren Karten. Zunächst einmal kann der Mehrheitsaktionär den Zeitpunkt wählen, zudem er die Restanteile übernehmen will. Er kann also rechtzeitig entsprechende Vorkehrungen treffen oder einen, was die Bewertungssituation betrifft, besonders günstigen Zeitpunkt wählen.

Mit solchen Verfahren betraute Anwälte wissen, dass in Österreich regelmäßig die gleichen Gutachter herangezogen werden, nämlich eine der „Big Four“- Wirtschaftsprüfergesellschafter. Wenn es um die Methode der Unternehmensbewertung, also der Ermittlung der Angemessenheit der Barabfindung geht, gilt als die State-of-the-Art-Bewertungsmethode das sogenannte Discounted-Cashflow-Verfahren (kurz DCF-Verfahren), also die Ermittlung des Barwertes des künftig erwarteten Cashflows. Es werden die von der Unternehmensleitung erwarteten künftigen Überschüsse der Bewertung zugrunde gelegt. Dabei kommt im Ergebnis als Unternehmenswert unter dem Strich naheliegender Weise immer nur das heraus, was zuvor als Prognosedaten von der Unternehmensleitung eingegeben wurde.

Einseitig erstellte Gutachten
Seit der Pleite der Lehman Bank sollte bekannt sein, dass man mit der DCF-Methode jeden beliebigen Unternehmenswert hinauf- oder hinunterrechnen kann, und dass derartige Gutachten für eine objektive Bewertung praktisch wertlos sind, weil sie von subjektiven Prämissen der Auftraggeber ausgehen. Solche einseitig erstellten Gutachten machen daher die Parteilichkeit zum Gutachtensergebnis.

Die im Anschluss an Gesellschafterausschlüsse in Gang gekommenen Überprüfungsverfahren haben nach anfänglichen Unzulänglichkeiten in den letzten Jahren allerdings zunehmend an rechtsstaatlicher Statur gewonnen. Das vom Gericht als Vermittlungseinrichtung eingesetzte Überprüfungsgremium ist berufen, einen Vermittlungsvorschlag zu erarbeiten, und holt über Antrag ein weiteres Gutachten von einem durch das Gremium ausgewählten – und diesmal unabhängigen – Gutachter ein. Dies erfolgt auf Kosten des Squeeze-out-Werbers und hat bisher regelmäßig dazu geführt, dass die Abfindungsbeträge deutlich erhöht wurden. Erhöhungen um mehr als 50 Prozent der ursprünglich Angebotenen Abfindung waren mitunter das Ergebnis.
Dr. Stefan Müller, Rechtsanwalt, Bludenz

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