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3. Okt. 2014

Schizophrenie: Scheidungsklage ohne Sachwalter

Vor Gericht ging es zunächst um die Frage, ob man für die Frau einen Sachwalter für alle finanziellen Angelegenheiten bestellt. Es stellte sich aber heraus, dass dies nicht nötig ist.

Im zweiten Rechtsgang ging es nun „nur“ noch um die Frage, ob die Frau besachwaltert wird, soweit es den Umgang mit Ämtern, Gerichten und Behörden betrifft. Das Bezirksgericht St. Veit an der Glan bejahte die Notwendigkeit und bestellte einen Anwalt als Sachwalter. Das Gericht begründete dies damit, dass die Frau eine Scheidungsklage plane. Sie habe aber eine völlig unrealistische Vorstellung davon, wie so ein Zivilprozess abläuft. So sei sie nicht in der Lage, komplexe rechtliche Zusammenhänge zu verstehen und könne keine konkreten Beweise vorlegen, die im Scheidungsverfahren ihre Vorwürfe gegen den Ehemann untermauern. Die Frau meine, die Scheidung zu gewinnen, „koste es, was es wolle“, schrieb das Bezirksgericht. Das Landesgericht Klagenfurt bestätigte diese Entscheidung.

Der  Oberste Gerichtshof (5 Ob 160/13k) drehte das Urteil um. Er betonte, dass ein Sachwalter immer nur als allerletztes Mittel infrage komme. Eine psychische Erkrankung allein reiche dafür nicht aus. Es würden bei der Frau aber keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Betroffenen gemindert sei. Und dass die Frau „nicht die Details des österreichischen Scheidungsrechts und damit zusammenhängende Fragen der Behauptungs- und Beweislast“ kenne, rechtfertige noch keine Sachwalterbestellung. Denn viele Leute, die sich scheiden lassen wollen, würden die rechtlichen Details nicht kennen.

Zudem hielten die Höchstrichter im Gegensatz zur Vorinstanz die Chancen der Frau im Scheidungsverfahren für nicht „gänzlich unrealistisch“. Schließlich gebe die Frau an, dass ihr Mann sie betrüge und seelisch grausam sei. Auch Arztbriefe und Aussagen von Nachbarn würden als Beweismittel für ihre Behauptungen angeführt werden. Die Frau erhält nach der Entscheidung des OGH nun keinen Sachwalter, sie kann also eine Scheidungsklage auf eigenen Wunsch einbringen.

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