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24. Okt. 2019

Schadenersatz für verringerte Lebenserwartung

Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist auch das Wissen des Betroffenen um seine deutlich verkürzte (statistische) Lebenserwartung zu berücksichtigen.

Der Kläger wurde in einem Krankenhaus wegen intensiver Schmerzen in der linken Schulter behandelt. Tatsächlich lag bei ihm jedoch ein akutes Koronarsyndrom vor, das 3 Tage später zu einem Herzinfarkt und zu einer irreversiblen Schädigung des Herzens führte. Bei fachgemäßer ärztlicher Behandlung hätte man das akute Leiden bei Vornahme weiterer Untersuchungen wahrscheinlich erkannt. Durch eine anschließende Therapie zur Wiederherstellung der Durchblutung des Herzmuskels wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit der Herzinfarkt samt Folgeschäden verhindert worden.

Der Kläger leidet als Folge dieser Fehlbehandlung bei körperlicher Beanspruchung täglich an mittelstarken und leichten Schmerzen mit Atemnot und Beklemmungsgefühlen. Auch psychisch ist der Kläger erheblich belastet und leidet an Existenzängsten und depressiven Verstimmungszuständen. Auch wenn die Grunderkrankung des Klägers bisher nicht fortgeschritten ist, ist die weitere Prognose ungünstig. Seine (statistische) Lebenserwartung ist erheblich reduziert. Obwohl seine körperliche und psychische Leistungsfähigkeit erheblich eingeschränkt ist, kann der Kläger seinen Beruf weiterhin ausüben.

Der Kläger begehrte vom Spitalserhalter zuletzt die Zahlung eines Schmerzengeldes von insgesamt 200.000 EUR.

Die Vorinstanzen hielten ein Schmerzengeld in Höhe von insgesamt 150.000 EUR für angemessen.

Der Oberste Gerichtshof erachtete ein Schmerzengeld von insgesamt 90.000 EUR als angemessen. Er verwies insbesondere darauf, dass bei der Schmerzengeldbemessung auch die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers, die aus seinem Wissen um seine verkürzte (statistische) Lebenserwartung resultieren, zu berücksichtigen seien. Auch wenn der Kläger darüber hinaus in relativ jungem Alter mit einer erheblichen Verringerung seiner Leistungsfähigkeit sowie seinen täglichen Schmerzen konfrontiert sei, sei ihm doch eine aktive und selbstbestimmte Lebensgestaltung auch in Familie und Beruf möglich. Demgegenüber hätten diejenigen Personen, denen in der Vergangenheit Schmerzengeldbeträge ungefähr in der vom Kläger geltend gemachten Höhe zugesprochen worden seien, schwerste Behinderungen erlitten, die zur völligen Abhängigkeit von anderen Menschen bzw dem Vorliegen schwerwiegender Bewusstseinsstörungen führten.

OGH | 10 Ob 89/15h

(obiger Text teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Kurzfassung)

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