Der Oberste Gerichtshof nimmt dazu Stellung, ob ein Mieter bei einem glatteisbedingten Sturz im Bereich des Hinterausgangs einer Liegenschaft den Vermieter oder das von diesem beauftragte Winterdienstunternehmen wegen mangelhafter Streuung in Anspruch nehmen kann.
Die Klägerin ist Mieterin einer Genossenschaftswohnung. Die Genossenschaft hatte den Beklagten mit dem Winterdienst beauftragt. Der Auftrag umfasste die Schneeräumung, Bestreuung und Eisfreimachung der Zugangs- und Innenwege und der Stufen der Liegenschaft „entsprechend § 93 StVO“. Der Beklagte setzte einen Mitarbeiter ein, der nur vor der Liegenschaft, nicht aber im Bereich der Hinterausgänge und Wege streute, sodass sich dort eine Eisfläche bildete. Die Klägerin kam darauf zu Sturz und verletzte sich.
Die Klägerin begehrte vom Beklagten 5.580 EUR Schadenersatz (Schmerzengeld ua).
Das Erstgericht gab der Klage statt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies die Klage ab. Die Klägerin habe einen deckungsgleichen Anspruch gegen die Genossenschaft, weshalb ihr kein eigener Anspruch gegen den Beklagten zustehe.
Der Oberste Gerichtshof sah dazu keinen Korrekturbedarf und wies die Revision der Klägerin zurück.
Der zwischen der Genossenschaft und dem Beklagten abgeschlossene Winterdienstvertrag gibt der Klägerin kein eigenes Klagerecht gegen den Beklagten (kein „echter Vertrag zugunsten Dritter“). Die Genossenschaft hat gegenüber der Klägerin vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten. Diese gehen allfälligen Schutzwirkungen des Winterdienstvertrages zugunsten Dritter vor. Der Oberste Gerichtshof verweist dazu auf den allgemeinen Grundsatz, dass die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Vertrages ein schutzwürdiges Interesse des Dritten voraussetzt. Ein solches ist zu verneinen, wenn er kraft eigener rechtlicher Sonderverbindung mit seinem Vertragspartner, der seinerseits den späteren Schädiger vertraglich als Erfüllungsgehilfen beizog, einen deckungsgleichen Anspruch auf Schadenersatz hat.
Auch eine deliktische Haftung des Beklagten scheidet hier aus, weil er mangels vertraglicher Beziehung zur Klägerin für seinen Gehilfen nur einzustehen hat, wenn er sich einer (habituell) untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person bedient. Davon war nicht auszugehen.
Für eine auf § 93 Abs 5 StVO gestützte Haftung des Beklagten fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen (kein dem öffentlichen Verkehr dienender Gehsteig oder Gehweg), woran im Verhältnis zur Klägerin auch die vertragliche Abrede nichts ändert.
OGH | 9 Ob 69/17p
(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)