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19. Jul. 2023

Bei Lähmung - Testament kann mit dem Mund unterschrieben werden

im Unterfertigen eines Testaments kann das Schreibgerät auch mit dem Mund geführt werden.

Der Erblasser benützte bei Unterfertigung seines in Form eines Notariatsakts errichteten notariellen Testaments den Mund zum Halten und Führen des Schreibgeräts, weil er aufgrund einer bestehenden Lähmung nicht mit der Hand unterschreiben konnte.

Die (im Testament nicht bedachte) gesetzliche Erbin des Erblassers bestritt im Verfahren zur Feststellung des Erbrechts die Gültigkeit des Testaments.

Die Vorinstanzen hielten das Testament für gültig.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der gesetzlichen Erbin mangels erheblicher Rechtsfrage zurück. Er führte begründend aus:

Bei einem notariellen Testament in Form eines Notariatsakts kommt die Bestimmung des § 579 ABGB nicht zur Anwendung (2 Ob 63/22m), sodass die Zeugen auch keinen eigenhändig geschriebenen Zusatz vornehmen müssen, der auf ihre Zeugeneigenschaft hinweist (§ 579 Abs 2 ABGB).

Die Vorinstanzen haben den Schriftzug des Erblassers als Unterschrift angesehen und rechtlich ausgeführt,

 

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung - bisweilen mit Hervorhebungen bzw. Kürzungen durch uns)

dass mangels einer entgegenstehenden Vorschrift die Unterschrift auch so geleistet werden kann, dass das Schreibgerät mit dem Mund oder auch mit den Zehen gehalten wird, zumal Zweifel an der Identität des Erblassers nicht bestehen. Gegen diese Rechtsansicht trägt die gesetzliche Erbin in ihrem Revisionsrekurs nichts vor.

Selbst wenn man den Erblasser im vorliegenden Fall wegen seiner körperlichen Beeinträchtigung als des Schreibens nicht fähig ansehen wollte, würde sein Schriftzug die Voraussetzungen eines in diesem Fall nach § 68 Abs 1 lit g NO bzw § 580 Abs 1 ABGB erforderlichen Handzeichens erfüllen.

Ungeachtet der Verwendung des Ausdrucks „Handzeichen“ in diesen Bestimmungen kommt es nicht darauf an, dass der Erblasser mit der Hand agiert, sondern nur darauf, dass er seinen letzten Willen nach außen sinnfällig so betätigt, dass er auf der die letztwillige Verfügung enthaltenden Urkunde seinen Niederschlag findet. Dafür ist es unerheblich, mit welchem Körperteil der Erblasser das Schreibgerät führt.

OGH | 2 Ob 35/23w 

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung - bisweilen mit Hervorhebungen bzw. Kürzungen durch uns)

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