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16. Mai. 2022

Reichweite des erbrechtlichen Auskunftsanspruchs gegen Geschenknehmer

Der Erfolg des Auskunftsbegehrens eines Pflichtteilsberechtigten gegen einen möglichen Geschenknehmer setzt nicht den Beweis aller vom Begehren umfassten Schenkungen voraus, wohl aber den Beweis von Indizien, die auf pflichtteilsrelevante Zuwendungen des Erblassers schließen lassen (Rechtslage nach dem ErbRÄG 2015).

Die im Jahr 2018 verstorbene Mutter der Streitteile setzte in ihrem Testament die Beklagte als Erbin ein und beschränkte die Klägerin auf den Pflichtteil. Das Verlassenschaftsgericht überließ der Beklagten den Nachlass an Zahlungs statt. Die Mutter hatte der Beklagten im Jahr 2010 Geld und später auch noch Schmuck geschenkt.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten Auskunft über Zeitpunkt, Gegenstand und Wert sämtlicher von der Verstorbenen an die Beklagte gemachten Schenkungen und die eidliche Bekräftigung deren Richtigkeit und Vollständigkeit.

Das Erstgericht gab dem Auskunftsbegehren nur teilweise, nämlich im Umfang der festgestellten Schenkungen, das Berufungsgericht gab ihm zur Gänze statt.

Der Oberste Gerichtshof teilte die Rechtsansicht des Berufungsgerichts und formulierte folgende Grundsätze:

Die Begründung des Auskunftsanspruchs erfordert (bloß) den Beweis von Umständen, die auf pflichtteilsrelevante Umstände schließen lassen. Diese können beim Anspruch gegen die Verlassenschaft oder die Erben etwa in einer sonst nicht erklärbaren Verminderung des Vermögens bestehen.

Beim Anspruch gegen einen möglichen Geschenknehmer sind hingegen Indizien erforderlich, dass der Erblasser die betreffende Person beschenkt hat, wobei innerhalb des engeren Familienkreises keine hohen Anforderungen an diese Indizien zu stellen sind. Wurde etwa bewiesen, dass ein Pflichtteilsberechtigter bereits hinzuzurechnende Schenkungen erhalten hat, liegt schon darin ein ausreichendes Indiz dafür, dass auch noch weitere solche Zuwendungen an diesen erfolgt sind. Der Auskunftsanspruch erfasst jedenfalls alle hinzuzurechnenden Schenkungen. In zweifelhaften Fällen besteht die Auskunftspflicht nur dann nicht, wenn eine Hinzurechnung von vornherein ausgeschlossen werden kann, wie etwa bei Schenkungen geringen Werts, die aus den laufenden Einkünften erfolgten.

OGH | 2 Ob 227/19z 

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung - Hervorhebungen bisweilen von uns)

 

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