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20. Apr. 2020

Riskante Sportarten - Aufklärungspflicht des Veranstalters auf typische Gefahren beschränkt

Am 19. 8. 2013 nahm der Kläger mit seiner Familie an einer vom Beklagten veranstalteten Bananenfahrt teil. Während der Fahrt kenterte die Banane, der Kläger fiel ins Wasser und verletzte sich im Bereich des Schädels und Gesichts schwer. Vermutlich schlug er mit seinem Gesicht auf dem Körperteil eines anderen Teilnehmers auf. Seine Klage hatte vor dem OGH keinen Erfolg

Aus dem OGH-Urteil:

Im Anlassfall stellt sich die Frage nach der Haftung des Veranstalters einer entgeltlichen Bananenfahrt mit einem Motorboot. In einem solchen Fall kommt eine vertragliche Haftung wegen Verletzung der vertraglichen Hauptpflichten oder nebenvertraglicher Schutz- oder Aufklärungspflichten in Betracht. Im Anlassfall geht es nur mehr um die Frage der Verletzung der Aufklärungspflicht. Ein Sportveranstalter muss, vor allem bei einer Risikosportart, auf alle typischen, für ihn erkennbaren Sicherheitsrisiken hinweisen. Dies gilt insbesondere dann, wenn er das notwendige Sport- oder Fun-Gerät zur Verfügung stellt. Die gebotene Aufklärung hat den Teilnehmer in die Lage zu versetzen, die Sicherheitsrisiken ausreichend und umfänglich abzuschätzen, wobei die Aufklärung so konkret, umfassend und instruktiv zu erfolgen hat, dass sich der Teilnehmer der möglichen Gefahren bewusst wird und diese eigenverantwortlich abschätzen kann.

Die Aufklärungspflicht ist demnach umso strenger, je gefährlicher eine Sportart ist und je weniger damit zu rechnen ist, dass sich der Teilnehmer der Gefahrenlage bewusst ist. Die Frage nach ausreichenden Sicherheitsinstruktionen oder jene nach einer Verlockung durch Verharmlosung des Risikos, die ebenfalls den Bereich der Risikoaufklärung betreffen, spielen im Anlassfall keine Rolle. Auch ein gefahrenträchtiges Fahrverhalten oder gar ein Fahrfehler der Bootsführerin sind nicht Thema der angefochtenen Entscheidungen.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen bezieht sich die Aufklärungspflicht des Beklagten als Veranstalter der Bananenfahrten nicht auf die Art der Verletzungen, die bei einer solchen Fahrt entstehen können. Bei einem Unfall durch Umkippen der Banane sind die Einwirkungen auf den Körper nicht vorhersehbar. Diese können vollkommen unterschiedlich sein, weshalb auch eine allfällige Verletzung an jeder Stelle des Körpers denkbar ist. Die Risikoaufklärung bezieht sich vielmehr auf typische Gefahren, die mit der konkreten sportlichen Aktivität verbunden sind. Zu den relevanten Gefahrenumständen gehören im gegebenen Zusammenhang etwa das Kentern im Sinn eines Umkippens der Banane, das in der Regel unkontrollierte Sturzgeschehen, das zu einem Aufprall auf das Wasser führt, weiters die auf den Körper einwirkende Kraft bei einem Aufprall auf das Wasser oder bei einem Zusammenstoß mit einem anderen Teilnehmer sowie mögliche schwere Verletzungen.

Entscheidend ist, ob sich der Kläger in der zu beurteilenden Situation dieser Gefahren ausreichend bewusst war oder ob er bei einem anderen Kenntnisstand von der Bananenfahrt Abstand genommen hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass den Sportveranstalter eine besondere Aufklärungspflicht nicht mehr trifft, wenn der Teilnehmer mit dem Wesen der Sportart bzw sportlichen Aktivität einigermaßen vertraut und ihm die allfällige erhöhte Gefährdung bewusst sein musste, sofern dies für den Veranstalter erkennbar war. Das geforderte Bewusstsein ist im Allgemeinen dann anzunehmen, wenn der Teilnehmer die Risikosportart bzw gefährliche sportliche Aktivität bereits vor dem Unfall ausgeübt hat. Zudem gilt, dass (hier vertragliche) Verhaltens- und Sorgfaltspflichten ebenso wie nebenvertragliche Schutz- und Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten – genauso wie allgemeine Verkehrssicherungspflichten – nicht überspannt werden dürfen, weil sportliche Aktivitäten grundsätzlich gefördert und nicht unmöglich gemacht werden sollen.

OGH | 8 Ob 94/17g

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)

 

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