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23. Mai. 2022

OGH: Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammern "zielführend und ausreichend"

Die von der Rechtsanwaltskammer geschaffene Einrichtung zur Handhabung und Kontrolle der Abwicklung von Treuhandschaften ist – gemessen am Gesetzeszweck des Klientenschutzes und der Wahrung des Standesansehens – zielführend und ausreichend.

Ein – später deswegen verurteilter – Anwalt dieser Kammer eignete sich als Treuhänder Teile des Treuhanderlags einer Treugeberin (der Verkäuferin) zu. Der Rechtsanwalt gab in der Treuhandvereinbarung zwar an, der Geldbetrag solle auf ein „Konto des Bauträgers“ überwiesen werden, setzte daneben aber den IBAN-Code eines Kontos ein, das er selbst eröffnet hatte und über das nur er verfügungsberechtigt war.

Nach dem System dieses Treuhandverbands werden in den Treuhandvertrag nicht nur der Treuhänder und die Treugeber einbezogen, sondern auch die Bank, bei der das Treuhandkonto geführt wird. Diese verpflichtet sich vertraglich dazu, zu überprüfen, dass die Überweisung des Treuhanderlags ausschließlich auf das im Treuhandvertrag genannte Konto erfolgt. Ob der Treuhänder seiner Verpflichtung und die Bank ihrer Sperr-/Kontrollfunktion in der Praxis tatsächlich auch nachkommt, wird zudem stichprobenartig durch Revisoren überprüft.

Kein („vernünftiges“) System, bei dem die Sorgfaltspflichten und der betriebene (wirtschaftliche) Aufwand nicht überspannt werden, kann lückenlosen Rechtsschutz vor allen erdenklichen kriminellen und gesetzwidrigen Handlungen bieten. Die von der Rechtsanwaltskammer geschaffene Treuhandeinrichtung verfolgt mittels geeigneter und ausreichender Vorkehrungen das hinter der gesetzlichen Anordnung stehende Ziel, dem Klientenschutz zu dienen und das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsanwaltschaft zu stärken bzw den Berufstand vor Vertrauensverlusten zu bewahren. Es wäre überzogen, von der Rechtsanwaltskammer die Überprüfung der Kontodaten der Empfänger zu fordern. Dazu müsste den Klienten abverlangt werden, dem Treuhandverband Einsicht in ihre Konten zu gewähren und ihre jeweilige (eigene) Bank über das Treuhandkonto hinaus vom Bankgeheimnis zu entbinden. Dem steht aber das im Regelfall zu vermutende Interesse jeder Partei auf Geheimhaltung dieser Daten entgegen; umso mehr, als erwartet werden kann, dass grundsätzlich jedermann seine eigenen Kontodaten kennt und vor der Bestätigung des Empfängerkontos überprüft. Die Kammer hat ihrem gesetzlichen Auftrag insoweit entsprochen.

Ob der Klägerin (geschädigte Treugeberin) Schadenersatz deswegen zusteht, weil die Rechtsanwaltskammer zu der gesetzlich angeordneten Versicherung keinen für deren Abwicklung notwendigen Beschluss über die Feststellung des Vertrauensschadens fasste, muss im weiteren Verfahren geklärt werden.

OGH | 1 Ob 137/20h 

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung - Hervorhebungen bisweilen von uns)

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