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11. Feb. 2021

Fremdenverkehrsgemeinde: Ersitzung der Seepromenade zu Gunsten der Allgemeinheit

So wie es für eine Fremdenverkehrsgemeinde eine Notwendigkeit sein kann, dass ihr Wanderwege in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen, kann es auch eine „kulturelle“ oder wirtschaftliche Notwendigkeit sein, dass sie eine Seepromenade in ausreichender Breite zur gefahrlosen Ausübung diverser Freizeitaktivitäten anbietet.

Die klagende Marktgemeinde, in der jährlich ca 30.000 Gäste nächtigen, liegt in einer Fremdenverkehrsregion an einem bekannten österreichischen See. Die Parteien streiten darüber, ob die Gemeinde die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens an einem Streifen der Seepromenade ersessen hat. Die Promenade verläuft parallel zum Seeufer und wird teilweise über Grundstücke der Klägerin (öffentliches Gut) und teilweise über private Grundstücke, so auch über jenes des Beklagten, geführt. Zumindest seit 1950 wird der Promenadenweg auch in der Breite bis zur Mauer auf dem Grundstück des Beklagten von Einheimischen und Touristen genutzt.

Die Vorinstanzen bejahten die Ersitzung des Rechts des Gehens und Fahrens zugunsten der Allgemeinheit.

Der Oberste Gerichtshof wies die vom Beklagten gegen diese Entscheidung erhobene Revision zurück, weil die Frage, was letztlich tatsächlich bequem, nützlich oder notwendig ist, regelmäßig eine Frage des Einzelfalls ist. Die „Notwendigkeit“ eines Wegs für die Allgemeinheit kann schon darin liegen, dass dieser dem Fremdenverkehr dient und er vom Publikum offenkundig zum allgemeinen Vorteil benützt wird. Gerade eine an einem bekannten österreichischen See gelegene Promenade ist Anziehungspunkt für die Touristen in der Fremdenverkehrsregion. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine Nutzung des asphaltierten Promenadenwegs in seiner vollen Breite (und ohne Einschränkung um nahezu die Hälfte) für eine gefahrlose Abwicklung des Begegnungsverkehrs der unterschiedlich schnellen Nutzer – wie Freizeitsportler und kleinere Gruppen von Fußgängern samt Kleinkindern und Kinderwägen, aber auch fallweise fahrende PKW – an den (von der Wetterlage abhängigen) Tagen höherer Nutzungsdichte (etwa in Ferienzeiten) „notwendig“ ist, ist nicht korrekturbedürftig.

OGH | 1 Ob 151/18i 

(obiger Text entstammt teilweise oder gänzlich aus der vom OGH veröffentlichten Entscheidungs-Kurzfassung)

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