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21. Mai. 2014

Vergaberecht: Änderungen nach Fristablauf

Wenn in einem offenen Verfahren die Anbotsfrist bereits abgelaufen ist und es erweisen sich Berichtungen als notwendig, dann besteht eine Anfechtungsmöglichkeit nurmehr hinsichtlich dieses Änderungswunsches nicht aber bedeutet dies, dass die Ausschreibung zur Gänze neu gefasst werden müsste.

Eine solche, gesondert anfechtbare Änderung darf aber nicht zu wesentlichen inhaltlichen Änderungen führen. Ist das der Fall, so muss die Ausschreibung neu gefasst werden.

Der Verfassungsgerichtshof (VwGH 12. 9. 2013, 2010/04/0119) hat dazu erwogen § 90 Abs 1 BVergG 2006 bestimmt, dass eine Berichtigung vorzunehmen ist, wenn eine Änderung der Ausschreibung erforderlich ist. Im Zuge dessen ist erforderlichenfalls auch die Angebotsfrist zu verlängern. Wie der VwGH bereits festgehalten hat, ist eine Berichtigung der Ausschreibung nur insoweit zulässig, als es dadurch nicht zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung kommt; diesfalls wäre nämlich die Ausschreibung wegen Vorliegens zwingender Gründe zu widerrufen (siehe VwGH 29. 6. 2005, 2002/04/0180, mwH). Durch die Berichtigung wird somit die Ausschreibung nicht zur Gänze neu gefasst, sondern nur - in bestimmten Punkten - abgeändert.

Vor diesem Hintergrund ist aber nicht davon auszugehen, dass mit einer Berichtigung und einer damit verbundenen Verlängerung der Angebotsfrist die bereits eingetretene Bestandskraft der Ausschreibung zur Gänze wieder beseitigt wird. Vielmehr besteht eine Anfechtungsmöglichkeit nur hinsichtlich des Inhalts der Berichtigung, die eine sonstige Festlegung während der Angebotsfrist gem § 2 Z 16 lit a sublit aa BVergG 2006 und somit eine - eigenständige - gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt (siehe etwa Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar, 2. Lfg. (2012) § 312 Rz 156/1). Entgegen der Auffassung der Bf können diese unterschiedlichen, gesondert anfechtbaren Entscheidungen auch voneinander abgegrenzt werden.

 Eine Notwendigkeit, die Anfechtungsmöglichkeit hinsichtlich der Ausschreibungsunterlagen aufgrund einer Berichtigung wieder zur Gänze zu eröffnen, ist auch im Hinblick auf die - hinter der abweichenden Antragsfrist für die Anfechtung von Ausschreibungsunterlagen stehenden - Zielsetzung nicht zu erkennen. Die Erläuterungen zur Stammfassung des § 321 Abs 2 BVergG 2006, BGBl I 2006/17, der inhaltlich dem hier maßgeblichen § 24 Abs 4 WVRG 2007 entspricht, begründen diese abweichende Antragsfrist damit, dass angesichts der (üblicher Weise erst gegen Ende der Angebotsfrist stattfindenden) Angebotserstellung entdeckte Probleme im Zusammenhang (ua) mit den Ausschreibungsunterlagen von den Unternehmern wegen der zwischenzeitig eingetretenen Präklusion nicht mehr releviert werden könnten, wenn für die Frist der Zeitpunkt der Bekanntmachung bzw Absendung maßgeblich wäre (RV 1171 BlgNR 22. GP, 138).

Es obliegt allerdings den Unternehmern, die Ausschreibungsunterlagen vor Ablauf der Antragsfrist auf allfällige „Probleme“ hin zu überprüfen. Ist diese Frist - wie im vorliegenden Fall - abgelaufen, dann können in weiterer Folge nur mehr Rechtswidrigkeiten aufgegriffen werden, die aus Entscheidungen resultieren, die nach Eintritt der Bestandskraft ergangen sind (wie hier vorliegend die Berichtigung vom Juli 2010). Dies steht - worauf die belangte Behörde zu Recht verwiesen hat - auch mit dem Ziel der effizienten Abwicklung von Rechtsschutzverfahren in Einklang, dem die Bestimmungen betreffend die Fristen und die Präklusionsregelung dienen (siehe dazu die Erläuterungen in RV 1171 BlgNR 22. GP, 13).

Die seitens der Bf angestellten Vergleiche mit dem Verwaltungsverfahrensrecht sind schon deshalb nicht zielführend, weil das von den Auftraggeberinnen durchgeführte Vergabeverfahren kein Verfahren nach dem AVG ist und die Berichtigung einer Ausschreibung bzw die Streichung einzelner Ausschreibungsbestimmungen durch die Vergabekontrollbehörde nicht mit einer Wiedereinsetzung nach § 71 f AVG bzw einer Behebung eines erstinstanzlichen Bescheides durch eine Berufungsbehörde vergleichbar ist.

Dr. Stefan Müller, Rechtsanwalt in Bludenz

Kategorien: Sonstiges

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