Der Europäische Gerichtshof verlangt von Schiedsgerichten, dass sie Unionsrecht anwenden. Die erste Herausforderung für ein Schiedsgericht liegt sohin darin herauszufinden, welche Normen des Unionsrecht es zwingend anwenden muss und welches es bloß zu prüfen braucht, wenn sich die Parteien darauf berufen. Beispiele für zwingendes Recht sind Regelungen betreffend Wettbewerb und Beihilfen, sowie wie solche des Konsumentenschutzes bzw. solche, die den freien Binnenmarkt zum Inhalt haben. Es steht sich aber auch in solchen Fällen die Frage, ob das Schiedsgericht zu diesen Punkten eigenständige Beweiserhebungen veranlassen muss oder nur dann, wenn die Parteien entsprechende Anträge stellen. Schiedsgerichten ist es verwehrt, dem EuGH Rechtsfragen zum Unionsrecht zur Vorentscheidung vorzulegen. Daher wird man davon ausgehen können, dass die unterlegene Partei einen Schiedsspruch oder dessen Vollstreckbarkeit bei staatlichen Gerichten anfechten kann, wenn der Schiedsspruch Unionsrecht widersprechen sollte. Es gibt in der Union keine einheitliche Vorschrift die festlegt, die Gerichte welche Mitgliedsstaaten zuständig sind, um über solche Streitfragen zu entscheiden. Es ist daher denkbar, dass verschiedene Gerichte bei gleichen Tatsachenfeststellungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, wie das Unionsrecht auszulegen ist. Wenigstens zu diesem Punkt steht eine Lösung in Aussicht. Die Kommission hat einen Vorschlag dazu ausgearbeitet, der aber noch vom Europäischen Parlament und dem Rat genehmigt werden müssen.
Stefan Müller, Rechtsanwalt, Bludenz