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18. Okt. 2011

Erben und Grabpflege-Verpflichtung

Eine Frau hatte vor dem Tod für 20 Jahre eine Gärtnerei bezahlt. Die Erben versuchten, den Vertrag baldigst aufzulösen.

Das Konsumentenschutzrecht ist unter anderem dazu da, um unfaire Verträge zu stornieren, etwa weil sie sehr lange laufen. Aber kann man sich dieses Recht auch zu Nutze machen, um einen Grabpflegevertrag zu kündigen, für den eine Verstorbene zu Lebzeiten bewusst bezahlt hat? Diese Frage musste der Oberste Gerichtshof (OGH) klären, nachdem die Erben alles Erdenkliche versucht hatten, um den Vertrag aufzulösen.
 
Bereits im Jahr 1998 zahlte die ältere Dame umgerechnet rund 8400 Euro an eine Genossenschaft, damit ihre letzte Ruhestätte am Wiener Zentralfriedhof von einer Friedhofsgärtnerei in Schuss gehalten wird. Sobald die Genossenschaft vom Ableben der Frau erfährt, sollte das Grab zwanzig Jahre lang gepflegt werden. Im Mai 2006 starb die Dame. Noch während des Verlassenschaftsverfahrens kündigte der von den Erben beauftragte Notar den Grabpflegevertrag und forderte das Geld zurück. Schließlich sei bis dato noch keine Grabpflege erfolgt, also könne man den Vertrag wegen nicht erbrachter Leistungen stornieren. Später berief man sich dann auf das Konsumentenschutzgesetz (KSchG). Dort sei etwa in §15 vorgesehen, dass man längerfristige Verträge über Lieferungen unter Einhaltung bestimmter Fristen stornieren könne.
Die Genossenschaft erwiderte, sie habe erst durch das Schreiben des Notars vom Tod der Dame erfahren und habe sodann die Grabpflege anlaufen lassen. Sie betonte, dass die verstorbene Frau keinesfalls gewollt hätte, dass nun das für ihr Grab gedachte Geld den Erben zukommt. Das Bezirksgericht Wien Innere Stadt gab den Erben aber recht. Zwar habe die Genossenschaft tatsächlich die Leistungen erst erbringen können, nachdem sie vom Tod der Frau erfahren hatte. Die Kündigung des Vertrages sei aber nach dem Konsumentenschutzgesetz möglich, weil hier ein Dauerschuldverhältnis vorliege.
Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen hob das Urteil wieder auf: §15 KSchG sei nicht anzuwenden, weil hier niemand verpflichtet werde, regelmäßige Zahlungen zu leisten. Die Verblichene habe bereits alles der Genossenschaft bezahlt.
 
Kündigung wäre nicht im Sinne der Toten
Die Erben gingen zum OGH, und auch er sah sich nun erstmals mit diesem Problem der Grabpflege konfrontiert. Der OGH stellte klar, dass eine Kündigung nach §15 KSchG nicht möglich sei, weil die Verstorbene den Gesamtbetrag im Vorhinein geleistet habe. Doch die Erben beriefen sich zudem auch noch auf §6 KSchG. Demnach gilt eine Vertragsklausel dann nicht, wenn der Konsument während einer unangemessen langen Frist an einen Vertrag gebunden ist. Doch auch diese Kündigungsmöglichkeit besteht hier nicht: „Viele ältere Menschen haben den legitimen Wunsch, schon zu Lebzeiten die Pflege ihres Grabes zu regeln“ – etwa weil sie sich sorgen, dass die Angehörigen sich sonst nicht genügend ums Grab kümmern, meinte der OGH. Und da die Frau den Vertrag acht Jahre vor ihrem Tod abgeschlossen hatte, sei ersichtlich, dass sie die Grabpflege längerfristig absichern wollte. Wenn aber die Verstorbene kein Interesse an der Kündigung des Vertrags haben könne, dann dürften auch die Erben nicht kündigen, befand der OGH (9 Ob 75/10k).

Mag. Patrick Piccolruaz

 

Kategorien: Sonstiges

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