§2 StGB (Begehung durch Unterlassung) ist schon dem klaren Wortlaut nach nur auf Erfolgsdelikte anzuwenden. Um ein solches handelt es sich beim Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 StGB) gerade nicht. Seine (neutrale) tatbestandsmäßige Handlungsbeschreibung („missbraucht“) erfasst auch Unterlassen, weil Befugnis ebenso durch (gezielte) Untätigkeit missbraucht werden kann. Nach herrschender Rsp bedeutet Missbrauch vorsätzlichen Fehlgebrauch der Befugnis. Diese Missbrauchsdefinition erfasst nur einen auf einer intellektuell erfassten und willentlich getroffenen Entscheidung beruhenden Fehlgebrauch, wobei § 302 Abs 1 StGB überdies Wissentlichkeit des Beamten in Bezug auf dieses Tatbestandselement verlangt.
Räumt das Gesetz einem Beamten Befugnis ein und verpflichtet es ihn - wie hier - zu einem bestimmten Handeln, schreibt es also vor, in welcher Weise der Beamte diese Befugnis (aktiv) auszuüben hat, kann ein tatbildlicher (also vorsätzlicher) Fehlgebrauch gerade auch in der Nichterfüllung dieser Handlungspflichten liegen (hier: Anzeige wurde von Polizeibeamten nicht einer ordnungsgemäßen Behandlung zugeführt). OGH 21. 1. 2015, 17 Os 47/14m