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Verschärfung der Aufklärungspflicht des Immobilienmaklers - 06/2006

Aufklärungspflicht
Bis etwa zum Jahr 2000 hat der Oberste Gerichtshof bezüglich der Beratungs- und Aufklärungspflicht des Maklers einen großzügigen Maßstab angelegt. So sprach er z.B. aus, dass der Makler Informationen, die er von einem Dritten erhalten hat, weitergeben darf, ohne sie auf die Richtigkeit und Plausibilität prüfen zu müssen. Er darf nur nicht den Eindruck erwecken, er habe diese geprüft und der Vertragspartner könne darauf vertrauen.

In der jüngeren Rechtsprechung verschärft nun der OGH die diesbezüglichen Verpflichtungen des Maklers, sodass er nun nahezu die gleichen Verpflichtungen bei der Betreuung von Kunden hat, wie man sie etwa von einem Rechtsanwalt verlangt. Besonders streng ist die Rechtsprechung, wenn es sich um Verbrauchergeschäfte handelt, wenn also einer der abschließenden Parteien ein Konsument „im Sinne des KSchG“ ist.

Schon vorab hat sich der Immobilienmakler zu erkundigen, zu welchem Zweck der Erwerber das Objekt später verwenden will. Er hat dann nachzuprüfen, ob die erforderlichen Bau- bzw. Benützungsbewilligungen vorhanden sind, allenfalls, ob eine gewerberechtliche Genehmigung erforderlich ist, oder wenn dies nicht der Fall ist, der Erwerber mit einer diesbezüglichen späteren Genehmigung rechnen kann.

Neben der selbstverständlichen Pflicht, im Grundbuch Belastungen zu erheben, muss der Makler nun auch prüfen, ob nicht irgendwelche außerbücherlichen rechtlichen, möglicherweise nicht behebbaren Hindernisse vorhanden sind, die bewirken, dass die behördlichen Genehmigungen nicht erteilt werden. Der Makler hat, so der OGH seine Marktkenntnisse und sein Hintergrundwissen beratend einzubringen. So muss er einem Verbraucher z.B. über die Beschaffenheit eines Hauses oder einer Wohnung sowie vorhandener Immissionen von Nachbargrundstücken informieren, soweit diese Umstände dem Laien nicht offenkundig bzw. leicht erkennbar sind.

Überhaupt hat er den Erwerber über alle Probleme, die ihn belasten könnten, unaufgefordert aufzuklären; ja selbst bei bloß nachweisender Tätigkeit muss er den Auftraggeber zumindest über erkennbare Vorteile und Nachteile des Objektes aufklären.

Ein Immobilienmakler verletzt seine Pflichten nicht nur dann, wenn er den Auftraggeber mangelhaft aufklärt, sondern auch dann, wenn seine Angaben nicht richtig und aufgrund ihrer Unvollständigkeit missverständlich sind. Insbesondere dann, wenn der Erwerber erklärt, das Objekt einem ganz bestimmten Zweck zuführen zu wollen, muss der Makler von sich aus alle notwendigen Vorabklärungen vornehmen, um dem Kunden dann mit Sicherheit sagen zu können, ob er die entsprechenden Genehmigungen und auch andere rechtliche Möglichkeiten haben wird, von der gekauften Liegenschaft so Gebrauch zu machen, wie er es sich wünscht.

Provisionen
Nach § 30 b, Abs 1 KSchG ist der Immobilienmakler verpflichtet, dem Verbraucher vor Abschluss des Maklervertrages eines schriftliche Übersicht zu geben, aus der sein Einschreiten als Makler und sämtliche dem Verbraucher durch den Abschluss des Geschäftes voraussichtlich erwachsenden Kosten einschließlich der Vermittlungsprovision hervorgehen. Verletzt er diese Pflicht, so kann der Vertragspartner einen Provisionsnachlass („Ermäßigung“) verlangen.

Ganz allgemein kann ein Kunde eine Provisionsermäßigung verlangen, wenn der Makler die vorhin beschriebenen Auskunfts- und Beratungsverpflichtungen verletzt, der Käufer aber dennoch den Vertrag zuhalten will. In zwei grundsätzlichen Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine Provision z.B. nicht gebührt, wenn jemand ein Lokal mietet, aber die Betriebsanlagengenehmigung hiefür zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorgelegen hat. Darauf hätte der Makler hinweisen müssen. Ähnlich entschieden die Gerichte beim Kauf einer Wohnung, bei welcher der Makler die Problematik der Wohnbauförderung nicht präzise abgeklärt hat. Es muss als selbstverständlich gelten, dass er über alle einschlägigen Richtlinien und Förderungsbedingungen informiert und prüft, ob und inwieweit der Käufer förderungswürdig ist.

Privatgutachten
Den Immobiliensachverständigen trifft bei Abgabe eines Privatgutachtens über den Wert einer Liegenschaft eine Sorgfaltspflicht zugunsten von Dritten, wenn er damit rechnen muss, dass sein Gutachten die Grundlage für die Disposition außenstehender Personen bilden werde. Wird also dem Gutachter vom Besteller offen gelegt, dass das Gutachten Kreditgebern oder Käufern vorgelegt wird, so trifft den Gutachter bei Missachtung seiner Sorgfaltspflicht nicht nur eine Haftung gegenüber seinem Auftraggeber, sondern auch dem außenstehenden Dritten (Käufer, Kreditgeber) gegenüber, obwohl er mit ihm in keiner vertraglichen Beziehung steht. Entschieden wurde zu dieser Thematik auch, dass ein Gutachter im Zwangsversteigerungsverfahren nicht als Organ der Gerichte anzusehen ist und daher direkt und persönlich für seine Fehler haftet.

Versicherungsmakler
Einen ähnlich hohen Maßstab hat der OGH auch hinsichtlich der Aufgaben des Versicherungsmaklers angelegt. Er ist verpflichtet, eine angemessene Risikoanalyse speziell auf den konkreten Kunden auszuarbeiten und für eine angemessene Deckung der Risiken Sorge zu tragen. Er hat also dem Kunden „nach den Umständen des Einzelfalls den bestmöglichen Versicherungsschutz zu beschaffen“.

Wirtschaftliches Naheverhältnis
Nicht unerwähnt darf bleiben, dass ein Makler bei einem Verbrauchergeschäft seinen Provisionsanspruch verliert, wenn er nicht schriftlich auf ein allfälliges wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen ihm und dem vermittelten Dritten (z.B. eine Versicherung oder eine Bank) hinweist.

Zusammenfassung
Der Immobilienmakler gilt als Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB. Er hat alle wesentlichen allgemeinen Informationen über das Objekt zu beschaffen und insbesondere abzuklären, ob es für die vom Käufer angestrebte (gewerbliche) Nutzung geeignet ist. Dabei hat er sich insbesondere darüber kundig zu machen, ob die entsprechenden behördlichen Genehmigungen vorliegen oder mindestens erreicht werden können.

Neben dem Provisionsverlust kann gegen ihn auch eine Schadenersatzforderung erhoben werden, nämlich dann, wenn durch die Verletzung seiner Verpflichtung der Kunde das Objekt z.B. nicht nutzen kann oder nur in eingeschränktem Umfange.

Es ist dringend anzuraten, die Beratung eines Kunden schriftlich zu dokumentieren, um für spätere Streitfälle gewappnet zu sein.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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