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Pflichtteilsrecht wurde neu geregelt

Das gesamte Erbrecht wurde vom Gesetzgeber gründlich reformiert.

Der Gesetzgeber hat den gesamten Komplex des Erbrechts gründlich überarbeitet, modernisiert, gestrafft und von alten Zöpfen befreit. Ein wichtiger Teil dieser Reform ist die Neufassung des Pflichtteilsrechts.

Mit dem Pflichtteilsrecht stellt der Gesetzgeber sicher, dass ein bestimmter Teil des Nachlasses an nahe Verwandte geht. Damit soll sicher gestellt werden, dass enge Familienangehörige versorgt sind.

Pflichtteilsberechtigte sind Kinder und - falls diese schon verstorben sind - Enkelkinder des Verstorbenen sowie der Ehegatte. Neu ist, dass Eltern keinen Pflichtteilsanspruch mehr haben. Wer „erbunwürdig“ ist, kann ebenfalls keinen Anspruch geltend machen. Wer - aus welchen Gründen immer - kein gesetzliches Erbrecht (Enterbung, Verzicht) mehr hat, wird nicht als Pflichtteilsberechtigter angesehen. In Form eines Notariatsaktes kann jemand auf seinen Pflichtteilsanspruch verzichten.

Die Höhe des Pflichtteils errechnet sich aus der Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Diese wiederum ergibt sich aus dem Verwandtschaftsverhältnis. So stehen etwa den Kindern zwei Drittel, dem überlebenden Ehegatten ein Drittel zu. Wenn es keinen Ehegatten gibt, erben die Kinder alles. Hat der Verstorbene keine Kinder, kommen Vorfahren bzw. Geschwister zum Zug.

Schenkungen vorab

Damit ein Pflichtteilsberechtigter nicht durch Schenkung zu Lebzeiten um seinen Anspruch gebracht werden kann, werden für die Berechnung eines Pflichtteilsanspruches gewisse Vermögenstransfers, die jemand vom Verstorbenen schon zu Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, in die Berechnung mit einbezogen. Im Gesetz ist genau definiert, welche Vermögenstransfers zur Erbmasse dazu gerechnet werden müssen.

Bisher wurde bei der Anrechnung zwischen Vorausempfängen, Vorschüssen und Schenkungen unterschieden. Dabei wurden differenzierte Bewertungen vorgenommen. Nach neuem Recht sind alle unentgeltlichen Vermögenstransfers, die jemand vom Verstorbenen vor seinem Tod erhalten hat, zur Berechnung heranzuziehen. Es gibt nur mehr die Differenzierung, an wen die Schenkung erfolgte. Leistungen, die ein Pflichtteilsberechtigter erhalten hat, werden immer mit eingerechnet. Schenkungen an Fremde sind nur dann relevant, wenn sie in den letzten beiden Jahren vor dem Tod des Erblassers stattgefunden haben. Für die Bewertung solcher Vorgänge ist nun grundsätzlich der Wert der Sache zum Zeitpunkt des Empfangs (§ 788 ABGB neu) ausschlaggebend. Für ältere Vorgänge findet eine Wertanpassung nach dem Verbraucherindex statt. Ein Pflichtteilsberechtigter kann beantragen, dass die Verlassenschaft geschätzt wird, um den Pflichtteil zu ermitteln.

Grundsätzlich muss sich ein Pflichtteilsberechtigter, der schon zu Lebzeiten vom Erblasser etwas bekommen hat, dies auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen. Nur wenn der Verstorbene dies letztwillig verfügt oder dies mit dem Pflichtteilsberechtigten vereinbart hat, werden solche Leistungen nicht angerechnet.

Auszahlung

Sobald feststeht, wie hoch der Pflichtteil für einen Berechtigten ist, wird geprüft, inwieweit dieser durch Schenkungen oder andere Vorausempfänge zu Lebzeiten des Erblassers bereits abgedeckt wurde. Besteht darüber hinaus ein weiterer Anspruch, ist dieser aus der Erbmasse beziehungsweise von den Erben abzudecken - und zwar primär mit Geld.

Reform ermöglich Stundung

Bisher musste der Pflichtteil sofort entrichtet werden. Mit der Reform wurde aber die Möglichkeit geschaffen, solche Zahlungspflichten zu stunden. Der Pflichtteil muss nun ein Jahr nach dem Tod ausbezahlt werden. Darüber hinaus kann der Erblasser eine Stundung (maximal fünf Jahre) oder Ratenzahlung im Testament vorsehen. Außerdem kann bei Gericht eine sogenannte Billigkeitsentscheidung erwirkt und so die Zahlungsverpflichtung gestreckt werden. Reicht die Erbmasse nicht aus, um die Ansprüche eines Pflichtteilsberechtigten zu erfüllen, müssen vom Erblasser zu Lebzeiten beschenkte Pflichtteilsberechtigte und Fremde (hier gilt die 2 Jahres-Frist) anteilsmäßig zur Deckung beitragen.

Pflegeleistungen

Seit der Reform werden Pflegeleistungen, die Angehörige oder nahestehende Personen für den Verstorbenen erbracht haben, honoriert, wenn dies nicht ohnehin testamentarisch vorgesehen ist. Die Pflegeleistungen müssen von erheblichem Ausmaß gewesen, in den letzten drei Jahren erbracht worden und unentgeltlich erfolgt sein.

Verjährungsfrist verlängert

Außerdem verjährt der Pflichtteilsanspruch nun grundsätzlich nach 30 Jahren beziehungsweise drei Jahre, nachdem der Pflichtteilsberechtigte vom Tod des Erblassers erfahren hat.

Fazit

Mit der vorliegenden Reform ist dem Gesetzgeber alles in allem eine gute Modernisierung des Pflichtteilsrechts gelungen. Es ist leider nicht zu vermeiden, dass die Berechnungen im konkreten Fall kompliziert sein können. Dies ist der gewünschten gerechten Verteilung geschuldet.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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