suchen

Vergaberechtssplitter

Das Vergaberecht schreitet voran. Mittlerweile ist es fast allen öffentlichen Auftraggebern bewusst geworden, dass ihre Vergaben nur noch unter dem Regime des Vergaberechtes durchgeführt werden können. Auffallend ist, dass nach wie vor einige der öffentlichen Hand sehr nahe stehenden Unternehmungen sich beharrlich weigern, das Bundesvergaberecht anzuwenden - offensichtlich scheuen sie die damit verbundenen Konsequenzen einer Nachprüfungsmöglichkeit.

Für Vorarlberg wäre hier vor allem die Vorarlberger gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH (Vogewosi) zu nennen. Leider hat sowohl der Landesrechnungshof als auch kürzlich der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg die Nichtanwendung des Bundesvergabegesetzes für diese Gesellschaft wiederum bestätigt. Dies, obwohl an dieser Gesellschaft zu 70,95 % das Land Vorarlberg und zu 29,05 % die Gemeinden Vorarlbergs beteiligt sind. Begründet wurde die Rechtsansicht, dass sich die Vogewosi außerhalb des Bundesvergabegesetzes bewegen kann, durch den Landesrechnungshof als auch durch den UVS damit, dass die Vogewosi gewerblich tätig wäre und sich im Gesellschaftsvertrag keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass im Falle eines Liquiditätsengpasses die öffentliche Hand einzugreifen hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, dass die Vogewosi vollständig unter Wettbewerbsbedingungen arbeiten würde. Leider sind diese Rechtsansichten bisher nicht von einem Höchstgericht in Österreich oder gar vor dem Europäischen Gerichtshof überprüft worden. Wir gehen jedenfalls davon aus, dass sich diese bisherige Rechtsmeinung letztendlich nicht durchsetzen wird.

Ähnliche Probleme mit landesnahen Gesellschaften gibt es aber auch in den anderen Bundesländern.

Spekulative Preisgestaltung

Das Bundesvergabeamt hat in einer Entscheidung N/0032-BVA/07/2007 festgehalten, dass auch, wenn in den einzelnen Positionen eines Angebots nicht kostendeckende Preise aufscheinen, das Angebot insgesamt noch nicht als spekulativ anzusehen ist, wenn unter Berücksichtigung des gesamten Auftragvolumens davon ausgegangen werden kann, dass das Angebot insgesamt nicht unterpreislich kalkuliert worden ist. Im konkreten Fall hätte es auch bei einer Korrektur der unterpreisigen Positionen noch keine Verschiebung der Bieterreihung gegeben. Dies und offensichtlich die Tatsache, dass der Bieter festhielt, dass er zu seinen Unterpreisen steht, nahm das Bundesvergabeamt offensichtlich zum Anlass, diese Preisgestaltung als nicht spekulativ anzusehen. Die Konsequenz hieraus ist, dass ein Angebot jedenfalls dann noch nicht als spekulativ anzusehen ist, wenn man sich bei der Endsumme des Angebots (Gesamtpreis) im Rahmen der übrigen Bieter bewegt. Unseres Erachtens erscheint diese Entscheidung problematisch, verwirft sie doch die bisherige Spruchpraxis, wonach auch Teilpreise zu berücksichtigen sind. Wenn auch nur Teilpositionen spekulativ sind, wurde bisher entschieden, ist auch der Gesamtpreis spekulativ. Offensichtlich ist man nunmehr von dieser Spruchpraxis abgegangen, was unserer Ansicht nach aber nun tatsächlich zu Spekulationen bei der Preisgestaltung führen wird.

Bestandskraft der Ausschreibungsunterlagen

Das Bundesvergabeamt hat zu N/0017-BVA/04/2006 entschieden, dass die Ausschlusswirkung der Antragsfristen umfassend zu interpretieren ist. Dem Bundesvergabeamt sei es daher ausdrücklich verwehrt, im Zuge der Anfechtung nachfolgender Entscheidungen auch nur implizit  eine inhaltliche Überprüfung der Ausschreibung vorzunehmen. Die immer wieder aufgeworfene Frage, ob bestimmte Mängel in der Ausschreibung nicht so genannte Wurzelmängel sind, die auch auf die nachfolgenden Entscheidungen durchschlagen, wurde vom Bundesvergabeamt wiederum eine Absage erteilt. Im konkreten Fall wurde in der Ausschreibung nicht festgelegt, von wann Eignungskriterien stammen müssen. Sieht aber der öffentliche Auftraggeber keine zeitliche Schranke für Eignungsnachweise vor, so ist die zeitliche Komponente der vom Bieter mit dem Angebot beigebrachten Referenzen bei deren Beurteilung nicht zu berücksichtigen und der öffentliche Auftraggeber muss sämtliche vom Bieter vorgelegten Referenzen, auch wenn sie älter als drei Jahre sind, bei der Beurteilung der Eignung mit einbeziehen.

Dokumentationspflicht für öffentliche Auftraggeber

Die Judikatur hat gerade für öffentliche Auftraggeber in den letzten Jahren genau festgelegt, was bei der Bewertung der Zuschlagskriterien dokumentiert werden muss.

Eine Angebotsbewertung ist nur dann vergaberechtskonform, wenn sie in Worten begründet wurde (hier wird von einem Kriterienkatalog ausgegangen, nicht nur Ausschreibung nach dem billigsten Preis). Eine bloß auf Zahlen beruhende Bewertung ohne wörtliche Begründung ist nach der Rechtsprechung nicht nachvollziehbar und hat somit die Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung zur Folge.

Bei der Durchführung von allfällig vertieften Angebotsprüfungen ist vom öffentlichen Auftraggeber darauf zu achten, dass dem Bieter nachweislich Gelegenheit zur Aufklärung gegeben wurde und dass die vom Bieter erteilten Auskünfte der Niederschrift über die Angebotsprüfung beigeschlossen werden.

Ganz grundsätzlich ist noch festzuhalten, dass über die Prüfung der Angebote und ihr Ergebnis eine Niederschrift zu verfassen ist, in welcher alle für die Beurteilung der Angebote wesentlichen Umstände festzuhalten sind. Diese rudimentären angeführten Punkte mögen allen öffentlichen Auftraggebern ans Herz gelegt werden, um in einem Nachprüfungsverfahren die Vergabe dokumentieren zu können.

Für den öffentlichen Auftraggeber auch wichtig ist, dass dokumentiert wird, warum er welche Verfahrensart gewählt hat. Die für die Wahl eines bestimmten Verfahrens ausschlaggebenden Gründe sind vorab schriftlich festzuhalten. Diese Gründe müssen im Unterschwellenbereich bei der Durchführung eines Verhandlungsverfahrens mit nur einem Unternehmen ausführlich erläutert werden.

Alternativ- und Abänderungsangebot

Der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land Vorarlberg hat sich in einer interessanten Entscheidung mit der Abgrenzung zwischen Alternativ- und Abänderungsangebot auseinander gesetzt und festgehalten, dass der Umstand, dass das Angebot Vorteile für den Auftraggeber bringen würde, bei der Beurteilung der Frage, ob (noch) ein Abänderungsangebot im Sinne des § 2 Z 1 BVergG vorliegt, unbeachtlich ist. Im vorliegenden Fall hat der UVS Vorarlberg folgende Aspekte als ausschlaggebend angesehen und das Angebot nicht als Abänderungsangebot sondern als Alternativangebot qualifiziert.

- Die vom Auftraggeber vorgesehene Ausführung (andere Variante) sehe einen gänzlich anderen Aufbau des Brückentragwerks und eine größere Konstruktionshöhe vor als die Anbotsvariante.
- Ausschlaggebend sind auch die nach dem Angebot entfallenden Positionen bzw. deren betragsmäßigen Wert. Von den 16 Positionen des maßgeblichen Brückentragwerks von ca. € 84.000,00 würden 10 Positionen im Wert von ca. € 42.000,00 entfallen.

Diese Entscheidung ist sicherlich äußerst interessant, da es im Bundesvergabegesetz eine äußerst unklare Definition der Abänderungsangebote gibt. Abänderungsangebote sind nämlich grundsätzlich erlaubt, Alternativangebote können ausgeschlossen werden. Die Differenzierung kann daher in der Praxis von großer Bedeutung sein.
 

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

Werdenbergerstraße 38
6700 Bludenz
Vorarlberg, Österreich

Tel. +43 5552 62 286
Fax +43 5552 62 286-18
office@pm-anwaelte.at

Kontakt aufnehmen


CAPTCHA-Bild

* Diese Informationen sind notwendig um Doppelvertretungen/Interessenskollisionen zu vermeiden.