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Neu: Haftung bei Betriebsübergaben

Mit 01. Jänner 2007 wurde das Handelsgesetzbuch (HGB) durch das Unternehmensgesetzbuch (UGB) ersetzt. Die Betriebsübergabe (bzw. Betriebsübertragung) wurde neben vielen anderen Vorschriften geändert. Bei der Übernahme eines Unternehmens unter Lebenden gelten nunmehr neue Bestimmungen.

In den Gesetzesmaterialien werden als Fälle des Unternehmenserwerbes im Wege der Einzelrechtsnachfolge der Kauf, Einbringung, Tausch, Schenkung, Vergleich, (eheliche) Auseinandersetzung, Fruchtgenussrecht oder auch Pacht auf Zeit angenommen.

All jene Übertragungsarten entfalten die Rechtswirkungen des neuen § 38 UGB, insbesondere die hiermit einhergehenden Haftungsbestimmungen. Wichtigste Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das erworbene Unternehmen fortgeführt wird und nicht aus den erworbenen Elementen des Unternehmens ein wesentlich anderes Unternehmen entsteht, d.h.,  Unternehmenskontinuität ist für die Rechtsfolge des UGB ausschlaggebend.

Als Grundregel hat das UGB nunmehr erklärt, dass sämtliche unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse des Veräußerers auf den Käufer übergehen, es sei denn, es wird etwas Anderes vereinbart oder der Vertragspartner des bisherigen Unternehmers widerspricht der Übernahme seines Vertragsverhältnisses. Dieser Widerspruch kann binnen 3 Monaten nach Erhalt der Mitteilung der Übernahme erhoben werden. Solange nichts mitgeteilt wurde oder das Widerspruchsrecht noch offen ist, haftet dem Vertragspartner des Veräußerers sowohl der “alte“ Unternehmer, als auch der „neue“ Unternehmer für seine Verbindlichkeiten.

Haftung für Altlasten

Gefährlich kann das neue UGB für den Übernehmer eines Unternehmens sein. Die Grundregel lautet nämlich, dass der Erwerber auch für Verbindlichkeiten des Veräußerers (Altschulden) haftet, die er anlässlich des Unternehmensüberganges nicht übernommen hat. Eine derartige Haftung entsteht z.B. auch, obwohl der Vertragspartner des Altunternehmens der Übernahme seines Vertragsverhältnisses nicht zugestimmt hat (widersprochen hat).

Die Haftung des Erwerbers erstreckt sich aber nur auf solche Verbindlichkeiten, die vor Unternehmensübergang entstanden sind bzw. Verbindlichkeiten, die aufgrund von übernommenen Rechtsverhältnissen auch nach Unternehmensübergang entstehen. Der Unternehmer haftet jedoch nicht für Verbindlichkeiten, die aus nicht übernommenen Rechtsverhältnissen erst nach Unternehmensübergang entstehen.

Ob eine Verbindlichkeit vor oder nach Unternehmensübergang entstanden ist, kann im Einzelfall schwierig zu beurteilen sein.

Die Mithaftung des Erwerbers kann dadurch verhindert werden, dass mit dem Veräußerer die Nichtübernahme von Verbindlichkeiten vereinbart wird und diese Vereinbarung in das Firmenbuch eingetragen wird oder dem Dritten (vom Erwerber oder Veräußerer) mitgeteilt wird. Auch ist eine verkehrsübliche Bekanntmachung der Nichtübernahme von Verbindlichkeiten möglich (dies ist vernünftig, da ja nicht alle Unternehmen im Firmenbuch eingetragen sind und daher für diese Unternehmen eine Bekanntmachung der Nichthaftung im Firmenbuch nicht möglich wäre).

Die Bekanntmachung hat beim Unternehmensübergang zu erfolgen, d.h. im unmittelbar zeitlichen Konnex der Vertragsunterfertigung.

Befreiung durch Bekanntmachung

Die Bekanntmachung der Nichtübernahme von Altverbindlichkeiten in verkehrsüblicher Weise ist ein relativ unbestimmter Gesetzesbegriff. Aus den Gesetzesmaterialien lassen sich auch keine näheren Ausführungen dazu entnehmen, was darunter tatsächlich gemeint ist. Jedenfalls muss die Bekanntmachung soweit wie möglich sicherstellen, dass allenfalls betroffene Dritte tatsächlich Kenntnis davon erlangen können, dass der Unternehmenserwerber trotz Übernahme des unternehmerischen Vermögens nicht belangt werden kann. Es dürfen daher die Anforderungen an den Grad der mit der Bekanntmachung verbundenen Publizität nicht zu gering angesetzt werden. Welches Publikationsmedium als verkehrsüblich in Betracht kommt, ist in erster Linie von den betroffenen Verkehrskreisen abhängig. Dies können allenfalls einschlägige Publikationen in der Branche sein bis hin zu ganz allgemeinen Publikationsmedien wie Tageszeitung.

Jedenfalls ist es hier sicherlich besser, zu viel zu tun, als zu wenig, da man nachweisen muss, dass ein möglicher Gläubiger des Altunternehmers zumindest objektiv von dieser Mitteilung hätte erfahren können.

Pachtverträge

Zu betonen ist, dass eben diese Regelungen zukünftig auch für Pachtverträge für Unternehmen, welche auch nur auf bestimmte Zeit abgeschlossen wurden, gelten. Das heißt, sowohl der Pächter hat das Risiko, Altverbindlichkeiten des Verpächters zu übernehmen, als auch der Verpächter das Risiko, bei Beendigung des Pachtvertrages Altverbindlichkeiten des Pächters mitübernehmen zu müssen.

Vor allem bei Unternehmen, die im Firmenbuch eingetragen sind, ist es daher unbedingt empfehlenswert, im Firmenbuch anzumerken, dass Altverbindlichkeiten nicht übernommen werden. Es ist zukünftig auch auf diese Bestimmung in Pachtverträgen dezidiert einzugehen.

Veräußerer haftet weiter

Ergänzend ist auch noch zu bemerken, dass der ehemalige Unternehmer (der Veräußerer) für die Altverbindlichkeiten, das heißt jene Verbindlichkeiten, die bis zum Unternehmensübergang entstanden sind, dem seinerzeitigen Vertragspartner weiterhin haftet. Auch bei einer möglichen Haftung des Erwerbers haftet der Veräußerer solidarisch mit ihm weiter für die Altverbindlichkeiten. Diese Nachhaftung des Veräußerers ist mit maximal 8 Jahren beschränkt.

Wird ein Unternehmen nicht unter Lebenden erworben, sondern geerbt, so haften die Erben für die unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten unbeschränkt. Eine derartig unbeschränkte Haftung tritt jedoch nicht ein, wenn die Fortführung des Unternehmens spätestens drei Monate nach der Einantwortung eingestellt und dies entweder den Gläubigern mitgeteilt bzw. auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder im Firmenbuch eingetragen wurde.

Schlussfolgerungen

Aus den gesamten obigen Ausführungen ist jedenfalls ersichtlich, dass es äußerst empfehlenswert ist, derartige Übergänge - und seien es auch nur „Pachtverträge“ unbedingt - von einem Anwalt vertraglich gestalten zu lassen. Die Anwälte sind hier aufgrund ihrer forensischen Erfahrung äußerst prädestiniert, die vertragliche Gestaltung von solchen Unternehmensübergängen zu machen, da sie aus den diversen Rechtsstreitigkeiten wissen, wo die Tücken liegen können. Hier sei nur auch auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahre 2006 verwiesen, in welchem er klar zum Ausdruck bringt, dass eben gerade Steuerberater oder Wirtschaftstreuhänder derartiger Verträge nicht machen sollten, da es ihnen nach ihren eigenen Berufsvorschriften nicht erlaubt ist, Gesamtverträge zu erstellen. Sie sind nur legitimiert, einzelne Formulierungen für Verträge vorzuschlagen.

Laut den gesetzlichen Vorschriften ist die Befugnis zur umfassenden Vertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen sowie öffentlichen und privaten Angelegenheiten den Rechtsanwälten vorbehalten.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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