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Honorar und Kosten

Es ist für einen Laien schwer, die Leistungen seines Anwaltes nachzuvollziehen, weil sie zum größten Teil nicht in seinem Beisein erbracht werden (Akten und Rechtsstudium, Schriftsätze, Prozeßvorbereitung, Nachforschungen etc.). Noch schwieriger ist es bisweilen, die Rechnung eines Anwaltes zu verstehen. Das Honorarsystem ist unübersichtlich und kompliziert. Es ist unmöglich, hier alle Einzelheiten darzustellen. Wir versuchen es mit einigen Grundzügen. Im Einzelfall sollte der Klient von seinem Anwalt bei dem ersten Gespräch eine entsprechende Aufklärung verlangen. Eine verläßliche Kostenschätzung ist allerdings schwierig, insbesondere wenn die Dauer oder Anzahl von Verhandlungen und anderen Leistungen nicht vorhergesehen werden kann.

Vertretungsarten

Wir unterscheiden, grob gesagt, drei Arten von Vertretungen:

1) Die Verteidigung in einem Strafprozeß (z. B.: wegen Betrugs oder schwerer Körperverletzung etc.).

2) Die Vertretung in einem Zivilprozeß (z. B.: Ehescheidung, Schadenersatz, Mängelgewährleistung etc.).

3) Die Beratung bzw. Vertretung in außergerichtlichen Angelegenheiten, d. h. in Angelegenheiten, die nicht durch Gerichtsurteile entschieden werden. Hiezu zählen Vertragssachen (z. B.: Grundstückskauf, Gesellschaftsverträge) Vertretung vor Verwaltungsbehörden, Beratung in Familien- und Vermögensangelegenheiten.

Im Strafverfahren ist der Staatsanwalt als Vertreter des Staates Ankläger und will die Bestrafung eines Beschuldigten, dem ein Verteidiger zur Seite steht. Im Zivilverfahren stehen einander in der Regel zwei Privatpersonen gegenüber, wobei der Kläger gegen den Beklagten etwas mittels Urteils durchsetzen will. Im Strafverfahren hat der Beschuldigte auch dann, wenn er freigesprochen wird, seine Verteidigungskosten selbst zu tragen (von einem geringfügigen Aufwandersatz des Staates abgesehen), im Zivilprozeß muß derjenige, der verliert, die Kosten beider Anwälte ersetzen, bei Teilverlust kommt es zu verhältnismäßigem Kostenersatz. Es kann einem Klienten aber passieren, daß er zwar den Prozeß gewinnt, dennoch aber seine Kosten selbst tragen muß. Dies ist dann der Fall, wenn der unterlegenen Prozeßgegner vermögenslos ist. Der Honoraranspruch des Anwaltes besteht nämlich zunächst gegenüber der eigenen Partei. Diese kann sich den Aufwand beim Prozeßgegner holen, wenn sie gewinnt. Charakteristisch für die außergerichtliche Tätigkeit ist, daß hier - wenn nichts anderes vereinbart wurde - der Klient seinen Anwalt selbst zu honorieren hat.

Für die Berechnung der Höhe der Gebühr sind drei Begriffe von Bedeutung:

Streitwert

Dies ist der Wert jenes Gegenstandes, um den es geht. Bei einer Klage über ÖS 100.000,00 ist der Streitwert - das ist leicht nachzuvollziehen - eben ÖS 100.000,00. Wenn es aber um eine Dienstbarkeit, Ehescheidung oder um die Herausgabe eines Gegenstandes geht, dann muß ein bestimmter Streitwert erst festgelegt werden. Dies geschieht entweder durch das Gesetz
(Ehescheidung, Streitwert ist ÖS 60.000,00) oder die Bewertung in der Klage erfolgt durch die klagende Partei. Diese Bewertung kann vom Richter nach Einspruch durch den Gegner revidiert und endgültig festgesetzt werden. Die einfache Regel lautet: Je höher der Streitwert, um so höher die Kosten: Ein kurzes Telefonat bei einem Streitwert von ÖS 1.000,00 kostet ÖS 28,00, bei einem Streitwert von 2 Millionen Schilling kostet es ÖS 1.988,00.

Tarifpost

Die Leistungen des Anwalts werden nicht nur nach dem Streitwert, sondern zusätzlich nach dem sogenannten Tarifpost berechnet. Der Tarifpost bezeichnet die Schwierigkeit bzw. den Umfang der betreffenden anwaltlichen Tätigkeit. So ist zum Beispiel die Entlohnung für einen kurzen Schriftsatz nach Tarifpost 1, eine Klage (Klagebeantwortung) nach Tarifpost 3 A, eine Berufung nach Tarif-post 3 B und eine Revision an den Obersten Gerichtshof nach Tarifpost 3 C zu berechnen. Ein konkretes Beispiel in Zahlen: bei einem Streitwert von
S 1.000,00 kostet die Klage S 379,00; die Berufung S 472,00; eine Revision (sofern zulässig) S 568,00. Bei einem Streitwert von 1,5 Millionen Schilling ergäbe sich folgendes: Klage S 8.052,00; die Berufung S 10.081,00; Revision S 12.094,00 (immer zuzüglich sog. "Einheitssatz");

Dauer der Leistung

Bei Verhandlungen wird nach Verhandlungsstunden abgerechnet. Die zweite und die folgenden Verhandlungsstunden sind zum halben Tarif zu vergüten. Bei Gerichtsverhandlungen ist also das Honorar um so höher, je höher der Streitwert, je höher der Tarifpost und je länger die Dauer ist.

Einheitssatz

In Zivil- und Strafprozessen hat der Anwalt die Wahl, neben der sogenannten Prozeßgebühr für die vorbereitende und begleitende Tätigkeit einen Pauschalzuschlag (50 %, bei auswärtigen Verhandlungen 100 % des Tarifsatzes) zu verlangen oder diese Tätigkeit detailliert abzurechnen. Dieser Zuschlag wird "Einheitssatz" genannt. Die detaillierte Abrechnung ist nur gegenüber dem eigenen Klienten zulässig. Der Gegner hat bei Prozeßverlust nur die Kosten (laut Traifpost für die Schriftsätze und Verhandlungen) zuzüglich Einheitssatz zu ersetzen. Oft können jedoch besonders umfangreiche Vorbereitungen und Recherchen erforderlich sein, diese hat dann der eigene Klient zusätzlich zu tragen (Abrechnung nach Einzelleistungen). Auch sie werden nach den obigen Kriterien berechnet: Streitwert, Tarifpost, Dauer/ Umfang;

Aus dieser stark vereinfachten Darstellung unseres Honorarsystems ersehen Sie, daß es einem Anwalt mitunter unmöglich ist, die voraussichtlichen Kosten auch nur annähernd vorherzusehen. Er weiß zum Beispiel nicht, wieviele Zeugen die Gegenseite benennen wird, wo diese vernommen werden müssen und wieviele Verhandlungsstunden daher anfallen werden. Es ist möglich, daß ein Prozeß in erster Instanz verglichen oder durch Annahme des ersten Urteils erledigt wird. Es kann jedoch Berufung erhoben und vom Berufungsgericht die Neudurchführung einer Verhandlung angeordnet werden.

Gerichtsgebühren

Nicht zu vergessen sind im Zivilprozeß die Gerichtsgebühren.

Auch diese sind an die Höhe des Streitwertes gekoppelt. Die Gebühren müssen bezahlt werden bei Einbringung einer Klage, bei Einbringung einer Berufung oder einer Revision an den Obersten Gerichtshof. Auch hier ein konkretes Beispiel in Zahlen: bei einem Streitwert von ÖS 30.000,00 sind die Gerichtsgebühren für eine Klage derzeit OS 900,00, für die Berufung OS 1.200,00 und für die Revision an den Obersten Gerichtshof ÖS 1.800,00. Bei einem Streitwert von ÖS 1,5 Millionen ergibt sich Folgendes: Gebühren für Klage ÖS 24.408,00, für die Berufung OS 36.000,00 und für die Revision ÖS 48.000,00. Insbesondere im Rechtsmittelverfahren überschreiten die Gerichtsgebühren regelmäßig das Anwalts-honorar. Im Falle des Prozeßgewinnes erhält der Kläger bzw. der Berufungswerber auch diese Kosten von der Gegenseite ersetzt.

Verträge

Relativ gut abschätzen läßt sich in den meisten Fällen der Aufwand für die
Abwicklung von Grundstücksverträgen, auch bei Gesellschaftsgründungen oder Übertragung von Anteilen kann man den Umfang der Bemühungen und das daraus resultierende Honorar größenordnungsmäßig vorhersehen. In diesen Fällen ist die Vereinbarung eines Pauschalhonorars zweckmäßig und zulässig. Für Grundstückskaufverträge verwenden wir übrigens den Notariatstarif.

Gesetzliche Grundlage

Der Rechtsanwaltstarif, welcher als Gesetz erlassen wurde, gilt zusammen mit den autonomen Honorarrichtlinien des Rechtsanwaltskammertages als Grundlage der Honorarberechnung, wie sie oben dargestellt wurde, immer dann, wenn nichts anderes vereinbart wird.

Dem Anwalt steht es aber frei, mit seinem Klienten andere Honorarsätze zu vereinbaren. Neben einem Pauschalhonorar ist eine Abrechnung über einen Stundensatz (wie in den angelsächsischen Ländern üblich) zulässig.

Verfahrenshilfe

Wer sich einen Anwalt nicht leisten kann, kann Verfahrenshilfe beantragen. Es wird ihm dann ein Anwalt beigegeben. Trotzdem ist die Prozeßführung nicht unentgeltlich. Zwar hat er für den eigenen Anwalt nichts zu bezahlen. Wenn er jedoch in einem Zivilprozeß unterliegt, muß er den Gegenanwalt bezahlen. Umgekehrt: Gewinnt der Verfahrenshelfer mit seinem Klienten, so hat der Gegner die vollen Kosten des Verfahrenshelfers zu ersetzen. Diese Regelung gilt aber nur für Zivilprozesse. Im Strafprozeß findet ein Kostenersatz nicht statt.

Wenn auch der Verfahrenshelfer meistens kein Honorar erhält, so ist seine Tätigkeit dennoch nicht umsonst. Die Republik zahlt für die erbrachten Leistungen an die Anwaltskammern Pauschalbeträge, die der Altersversorgung zugute kommen. Etwa 2/3 der diesbezüglichen Aufwendungen werden so gedeckt.

Rechtsschutzversicherung

Ansich besteht nach den meisten Versicherungsverträgen freie Anwaltswahl. Oft wird jedoch den Klienten ein bestimmter Anwalt, mit welchem die Versicherung besondere Geschäftsbeziehungen pflegt, empfohlen. Man kann aber verlangen, daß der Anwalt seines Vertrauens beigezogen wird. Dieser muß sich dann allerdings bereit erklären, wie ein ortsansässiger Rechtsanwalt abzurechnen. Ist er dazu nicht bereit, dann muß man die allfällige Differenz selbst tragen bzw. dies mit seinem Anwalt aushandeln.

Kosten

Wer um S 500.000,00 ein Auto kauft, weiß, daß das Herstellungswerk dabei möglicherweise gar keinen Gewinn macht. Dienstleistungsbetriebe im allgemeinen und Anwälte im besonderen haben bei ihrer Rechnungsstellung immer wieder das gleiche Problem: Der Empfänger glaubt, die Rechnungssumme sei mit dem Gewinn identisch. Es besteht die weit verbreitete Meinung, die Kosten von Dienstleistungsbetrieben seien unbedeutend, insbesondere deshalb, weil keinerlei Materialeinsatz stattfindet.

Rechnet ein Dienstleistungsunternehmen nach Stunden ab, so neigt der Kunde dazu, die Stundensätze mit jenen von Handwerkern oder Spitzenmonteuren zu vergleichen. Auch hier wird vernachlässigt, daß Handwerksfirmen Material verarbeiten und mit dem Rohaufschlag verdienen. Ein Freiberufler kann aber die gesamten Unkosten und seinen Lebensunterhalt nur mit seiner höchstpersönlichen Arbeitszeit erwirtschaften. Dies macht die Inanspruchnahme solcher Leistungen in der Meinung der Öffentlichkeit so teuer.

Um Ihr Verständnis dafür zu wecken, daß unsere Honorare zu einem großen Teil Unkosten beinhalten, möchte ich Ihnen einige Zahlen nennen:

Unsere monatlichen laufenden Unkosten für Löhne, Mieten, Gerichtsgebühren, Telefon (jährlich ca. ÖS 150.000,00) Literatur, Reisekosten und dgl. liegen bei ca ÖS 200.000,00 bis ÖS 250.000,00. Die Investitionen sind natürlich nicht immer gleich hoch. Es gab Jahre, in denen wir mehr als 1 Million Schilling für Anlagen ausgaben. Für unsere EDV-Anlagen müssen wir jährlich regelmäßig mit ca. OS 100.000,00 bis ÖS 200.000,00 an Service- und Nachrüstungskosten rechnen.

Sie sehen also: Wir müssen doch einiges umsetzen, bevor wir einen Gewinn erwirtschaften.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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