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Vergaberecht - News

Interpretationen zum Gesetz
In den letzten Novum-Ausgaben haben wir über das neue Bundesvergaberecht berichtet, die Akzeptanz in der Praxis beleuchtet und vor allem auch dargestellt, welche Auswirkungen dieses neue Gesetz in der öffentlichen Beschaffungspraxis (vor allem Bau) hat.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen von Vergaben unterliegen einer ständigen Dynamik – dies vor allem auch, weil hier die europarechtlichen Vorgaben ganz konkret in die nationale Gesetzgebung eingreifen. Das österreichische Bundesvergabegesetz basiert auf EU-Vergaberichtlinien. Diese EU-Vergaberichtlinien wurden nunmehr novelliert.

Diese Änderungen sind durch die Mitgliedsstaaten bis Anfang 2006 umzusetzen.

Neue Instrumente
Das österreichische Bundesvergabegesetz hat bereits wesentliche Elemente dieser neuen EU-Vergaberichtlinie vorweg genommen. Der Anpassungsbedarf wird daher nicht wirklich groß sein.

Die Richtlinie sieht einige neue Verfahrensarten vor, die für besondere Erfordernisse geeignete Beschaffungsinstrumente bereit stellen sollen. Möglich werden nunmehr Rahmenvereinbarungen, dynamische Beschaffungssysteme, elektronische Auktionen und „wettbewerbsrechtlicher Dialog“. Einen Teil dieser Verfahrensarten gibt es im österreichischen Bundesvergabegesetz bereits, die anderen sind neu aufzunehmen.

„Wettbewerbsrechtlicher Dialog“
Wirklich neu wird der so genannte wettbewerbsrechtliche Dialog sein, der bei besonders komplexen Aufträgen dem Auftraggeber die Möglichkeit eröffnet, vor Vergabe des Auftrages mit einer begrenzten Anzahl von ausgewählten Bewerbern die seinen Bedürfnissen entsprechende, beste Lösung zu ermitteln. Es wird hier davon ausgegangen, dass gerade öffentliche Auftraggeber bei komplexen Projekten (zB im Bereich der Infrastruktur und Hochtechnologie) zwar selbst ihren Bedarf kennen, nicht aber im Voraus die beste technische Lösung, um diesen zu decken. Der wettbewerbsrechtliche Dialog soll nunmehr dem Auftraggeber ermöglichen, das notwendige, aber oft nur bei potenziellen Auftragnehmern vorhandene Know-how für derartige Aufträge zu beschaffen und dennoch mit diesen ein Vergabeverfahren durchzuführen.

Umwelt & Soziales
Weiters sieht die EU-Richtlinie vor, dass zukünftig wesentlich mehr Umwelt- und soziale Aspekte als Zuschlagskriterien im Vergabeverfahren berücksichtigt werden sollen. Die Richtlinie berücksichtigt in mehrerer Hinsicht die Sozial- und Umwelt-Aspekte und unterstreicht somit die Wichtigkeit, die diesen Bereichen auf der EU-Ebene beigemessen wird.

Zentrale Beschaffungsstellen
Ebenfalls werden zukünftig auch zentrale Beschaffungsstellen und die Vergaben von Aufträgen durch solche auf Namen und Rechnung von anderen öffentlichen Auftraggebern möglich sein.

Es wird abzuwarten sein, wie der österreichische Gesetzgeber diese neue Richtlinie umsetzt. Erfahrungsgemäß wird sich der österreichische Gesetzgeber jedoch im Großen und Ganzen sehr an den Wortlaut der Richtlinie halten. Aus diesen permanenten Anpassungen erkennt man die Dynamik, aber auch die Wichtigkeit dieses Rechtsgebietes. Sowohl national als auch EU-weit versucht man, sich permanent an die Erfordernisse, die sich aus der Praxis ergeben, anzupassen.

Rechtsprechung Vergaberecht
Nachfolgend darf ich einige Entscheidungen der diversen nationalen Instanzen, aber auch des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), vorstellen, welche auf die tägliche Praxis im Vergaberecht Einfluss haben.

VwGH: Abgrenzung von behebbaren und unbehebbaren Mängeln
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, welche Mängel an einem Anbot nachträglich verbessert werden dürfen und welche nicht. Dabei kam er zu der folgenden Auffassung:

Bei der Abgrenzung von behebbaren und unbehebbaren Mängeln ist darauf abzustellen, ob die Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern inhaltlich (und nicht bloß formal) verbessern würde. Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtshofes sind Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, die nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung des Bieters führen können. Eine nicht erlaubte Verbesserung der Wettbewerbsstellung liegt zB dann vor, wenn eine Verbesserung der angebotenen Leistungsinhalte vorgenommen wird. Es können jedoch verschiedene formale Kriterien, wie zB eine Änderung des vom Bieter nomierten Ansprechpartners usw. vorgenommen werden (VwGH 2003/04/0186), ohne dass der Bieter auszuscheiden wäre.

OGH: Feststellungsbescheid ist Voraussetzung zur Geltendmachung des Schadenersatzes
Der Oberste Gerichtshof hat nochmals entschieden, dass der Feststellungsbescheid einer Vergabekontrollbehörde (Unabhängiger Verwaltungssenat oder Bundesvergabeamt) eine zwingende Voraussetzung ist, um in einem anschließenden Zivilverfahren Schadenersatz zu begehren. Dies gilt unabhängig davon, ob frustrierte Angebotserstellungskosten oder entgangener Gewinn geltend gemacht wird. Für die Praxis heißt dies, dass jedenfalls immer ein Vergabenachprüfungsverfahren eingeleitet werden muss, wenn anschließend ein Schadenersatzverfahren zB wegen ungerechtfertigtem Ausscheiden oder nicht erfolgtem Zuschlag geltend gemacht werden soll.

Bundesvergabeamt: Globale Preisgestaltung
Das Bundesvergabeamt hat nunmehr eindeutig festgehalten, dass eine globale Preisgestaltung im Sinne des Bundesvergabegesetzes dann nicht möglich ist, wenn Bieter keine festen Preise für ihre Leistung angeben können, weil sie Eventualitäten berücksichtigen müssen, die einen direkten Vergleich unmöglich machen. Solche Umstände verhindern die Vergabe der Leistung im offenen Verfahren (unmittelbare Ausschreibung & Vergabe). Der Auftraggeber muss, wenn solche Umstände vorliegen, sich des Verhandlungsverfahrens (Aussuchen von geeigneten Bietern – Erarbeitung einer Ausschreibung, die dann nur an diese versandt wird) bedienen. Jeder Auftraggeber ist daher gut beraten, vor der Ausschreibung die auszuschreibenden Leistungen so genau wie möglich zu definieren und Überlegungen über den Umfang der Leistung nicht auf den Bieter zu überwälzen, wenn er die Leistung im offenen Verfahren vergeben will. Die Angebote müssen nämlich vergleichbar sein, weshalb die Leistungsbeschreibung genau eingeschränkt werden sollte.

Im Verhandlungsverfahren selbst ist der öffentliche Auftraggeber in der ersten Stufe noch nicht verpflichtet, den Leistungsumfang so genau festzulegen, dass für den Bewerber eine Angebotskalkulation möglich ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der Bewerber auf Grund der Angaben in den Teilnahmeunterlagen beurteilen kann, ob gegenständlicher Auftrag für ihn in Frage kommt oder nicht. Erst in der zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens muss der Leistungsumfang präzisiert werden.

Europäischer Gerichtshof: Zulässiges Verbot der Subvergabe
Ein Verbot, Leistungen an ein Subunternehmen weiterzugeben, ist vergaberechtlich zulässig, aber nur dann, wenn sich dieses Verbot auf die Phase der Auftragserfüllung bezieht. In der Phase der Auswahl von geeigneten Bietern hingegen muss es zulässig bleiben, dass der Betreffende für Teilleistungen einen Subunternehmer namhaft macht. Damit ist nämlich schon vor der Vergabe gegenüber dem Auftraggeber klargestellt, wer die Ausführung vornehmen wird.

Bundesvergabeamt: Nachträgliche Zuschlagskriterien verboten
Der Auftraggeber darf Teile der für den Zuschlag maßgeblichen Kriterien, der vorherigen Kenntnis der Bieter und damit auch der Transparenz des Vergabeverfahrens nicht entziehen. Der Auftraggeber darf daher nicht nachträglich erst eine Gliederung der Bewertungskriterien in Oberkriterien und Subkriterien vornehmen und zusätzliche Subkriterien einfügen. Auf Grund der Nichtbekanntgabe von Kriterien, die der Auftraggeber für die Erteilung des Zuschlages vorgesehen hat, ist daher eine objektiv nachvollziehbare Bieterermittlung nicht gegeben, weshalb der Zuschlag rechtswidrig ist.

EuGH: Gewichtung von Zuschlagskriterien
Im Rahmen der Beurteilung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes ist ein mit 45 % gewichtetes Zuschlagskriterium, welches die Lieferung von Strom als erneuerbare Energie zwingend festlegt, grundsätzlich erlaubt. Ein solches Kriterium ist jedoch rechtswidrig, soweit es nicht mit solchen Anforderungen verbunden ist, die eine effektive Nachprüfung der Richtigkeit der Angaben erlaubt.

Bundesvergabeamt: Keine Mangelbehebung bei falsch unterfertigtem Angebot
Ein rechtsgültige Unterfertigung des Angebots muss bereits zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung für den öffentlichen Auftraggeber zweifelsfrei aus dem gelegten Angebot erkennbar sein. Die Zulassung eines Verbesserungsverfahrens zur Behebung eines Unterfertigungsmangels würde eine schwer wiegende Wettbewerbsverzerrung darstellen. Dies, weil dadurch einem Bieter noch nach Angebotseröffnung die faktische Möglichkeit eingeräumt werden würde, sanktionslos ein ihn reuendes Angebot ungeschehen zu machen, indem er durch nutzloses Verstreichen der Verbesserungsfrist das Ausscheiden des Angebots erreichen kann. Ausgehend von dieser Rechtsprechung kann daher eine nicht rechtsgültige Unterfertigung nicht verbessert werden.

Anmerkung:
Die Anzahl der im letzten Jahr zur rechtsgültigen – oder – ungültigen Unterfertigung von Angeboten ergangenen Entscheidungen verdeutlicht die Relevanz des Themenbereichs. Die Fertigung eines Angebots ist als nicht rechtsgültig zu werten, wenn die Unterschrift von einem nach dem Firmenbuch offenbar nicht Vertretungsbefugten stammt und dem Angebot kein Hinweis auf die Bevollmächtigung des Unterschreibenden zu entnehmen ist. In einem solchen Fall ist das Angebot daher zwingend auszuscheiden, da eine Verbesserung nicht möglich ist.

Oberster Gerichtshof: Billigstbieter gleich Bestbieter
Bestehen in der Ausschreibung solche Festlegungen, die sicherstellen, dass die einlangenden Angebote gleichartig und gleichwertig sind, dann ist der Billigstbieter auch gleichzeitig der Bestbieter. Bei der Bewertung der Angebote darf nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Liefermenge (Lieferumfang) gegenüber ihrem ausgeschriebenen Ansatz tatsächlich erhöhen wird. Auf eine vermutliche Endabrechnungsmenge darf nur abgestellt werden, wenn dies in der Ausschreibung als Vergabekriterium angeführt wurde.

Rechtsanwälte
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