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Vereinsrecht

Aufräumarbeiten und schlichte Textierung
Das neue Vereinsgesetz ist nicht bloß eine Novelle des alten Vereinsgesetzes von 1951, sondern ein gänzlich neues Gesetz. Die Vereinsgründung und die Verwaltungsabläufe werden vereinfacht, das Bürgerservice soll durch den Ausbau der elektronischen Vereinsverwaltung (zentrales Vereinsregister) ausgebaut werden. Wichtige Haftungsbestimmungen, die bisher zwar galten, aber nicht gesetzlich normiert waren, werden erstmals ausdrücklich umgesetzt und die Rechnungslegung von Vereinen wird grundsätzlich neu bestimmt.

Das neue Gesetz ist am 1. Juli 2002 in Kraft getreten. Auf alle Sachverhalte, die sich unter Geltung des alten Gesetzes ereignet haben, wird weiterhin das alte Gesetz gelten. Einige Bestimmungen sind sofort umzusetzen. Für die Anpassung der Statuten an das neue Gesetzt bleibt aber bis spätestens 30. Juni 2006 Zeit. Im Wesentlichen handelt es sich um ein modernes Gesetz, das allen Beteiligten in vielen Punkten Klarheit bringt – auf diese Vorteile sollte man nicht verzichten. Das neue Gesetz ist daher auch ein guter Anlass, die Statuten, die möglicherweise ohnedies schon nicht mehr der Praxis und der Realität des Vereines entsprechen, auf die Höhe der Zeit zu bringen.

Vereinsgründung und Behörden
Die Vereinsgründung wurde nunmehr klar und etwas anders geregelt: Zuerst wird der Verein durch Vereinbarung der Statuten und die Bestellung der Leitungsorgane (Vorstand) errichtet, dann wird diese Errichtung von den Gründern und der Vorlage der Statuten schriftlich bei der Behörde angezeigt, wobei auch der Vorstand bekannt zu geben ist. Binnen vier Wochen (bisher sechs) kann die Behörde mit Bescheid erklären, dass die Gründung des Vereins nicht gestattet wird, weil sie zum Beispiel gesetzwidrig wäre. Dasselbe Verfahren gilt für die Statutenänderung.

Handeln die Gründer für den Verein bevor er Rechtspersönlichkeit erlangt, also vor Ablauf der Vier- Wochenfrist, so haften sie persönlich zur ungeteilten Hand.

Nunmehr ist in erster Instanz jedenfalls die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig. In zweiter Instanz entscheidet die Sicherheitsdirektion. Was die Polizei mit Vereinsrecht zu tun hat, ist nach wie vor nur historisch begründbar. Der Gesetzgeber hat sich offenbar um „Entpolizeilichung“ bemüht, wie etwa durch die Streichung von einigen Verwaltungsstrafbestimmungen im neuen Vereinsgesetz.

Mindestinhalt der Vereinsstatuten
Neu ist, dass auch die Art der Bestellung der Vereinsorgane und die Länge ihrer Funktionsperiode geregelt werden muss. Dass es Vereinsstatuten gibt, in denen nicht geregelt ist, wie die Organe gewählt werden, ist eher unwahrscheinlich. Zu überprüfen bleibt insbesondere, ob auch eine ausdrückliche Bestimmung über die Dauer der Funktion enthalten ist.

Die Vereinsstatuen müssen jedenfalls enthalten:

  • Vereinsname
    (der Vereinszweck muss im Vereinsnamen vorkommen)
  • Vereinssitz
  • Klare und umfassende Umschreibung des Vereinszwecks
    (nur ideelle Zwecke sind erlaubt)
  • Vorgesehene Tätigkeiten für die Verwirklichung dieses Zwecks und Art der Aufbringung der finanziellen Mittel
  • Bestimmungen über Erwerb/Beendigung der Mitgliedschaft
  • Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder
  • Organe des Vereins und ihre Aufgaben
    (Angaben, was für Aufgaben die einzelnen Organ zu erfüllen haben; Geschäftsführung und Vertretung nach Außen)
  • Art der Bestellung der Vereinsorgane und Dauer ihrer Funktionsperiode
  • Erfordernisse für gültige Beschlussfassungen
  • Art der Schlichtung von Vereinsstreitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis
  • Bestimmungen über die freiwillige Auflösung des Vereins und die Verwertung des Vereinsvermögens

Sehen die Statuten nichts anderes vor, so ist Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung anzunehmen.

Die Statuten haben vorzusehen, dass Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind. Erst nach der Entscheidung durch die Schlichtungsstelle, spätestens aber nach Ablauf von 6 Monaten nach Anrufung der Schlichtungsstelle steht der ordentliche Rechtsweg offen. Reine Vereinsstreitigkeiten, die keine Rechtsstreitigkeiten sind, entscheidet die Schlichtungsstelle endgültig. Eine reine Vereinsstreitigkeit wäre beispielsweise die Frage, wer bei einer bestimmten Feierlichkeit als Ehrengast eingeladen wird.

Eine Bestimmung darüber, was nach der Auflösung mit dem Vereinsvermögen zu geschehen hat, war bis jetzt nicht zwingend erforderlich. Nach dem neuen Gesetz gehört eine solche Bestimmung in jedem Fall in die Statuten, wie auch geregelt sein muss, unter welchen Voraussetzungen der Verein sich auflösen kann. Die Abwicklung der Auflösung wird auch im Gesetz geregelt; auf eine detaillierte Darstellung wird hier verzichtet.

Vereinsorgane und Prüfer
Diese Bestimmung ist gänzlich neu! Das neue Gesetz sieht vor, dass ein Verein jedenfalls eine Mitgliederversammlung (zur gemeinsamen Willensbildung) und mehrere Organe haben muss, die die Führung der Vereinsgeschäfte und die Vertretung des Vereins nach Außen (Leitungsorgane) wahrnehmen. Das Leitungsorgan (Vorstand) muss aus mindestens 2 Personen bestehen. Die Mitgliederversammlung ist zumindest alle 4 Jahre einzuberufen.

Jeder Verein hat mindestens 2 Rechnungsprüfer zu bestellen, ein großer Verein (gewöhnliche Ausgaben von mehr als € 1 Mio.) einen Abschlussprüfer. Ein Verein, der daher einen aus nur einer Person bestehenden Vorstand hat, muss ab 1. Juli. 2006 ein zweites Vorstandsmitglied vorsehen. Die Rechnungsprüfer müssen nicht notwendigerweise Vereinsmitglieder sein.

Schaffung von lokalen und zentralen Vereinsregistern
Beim Innenministerium wird ein automationsunterstütztes zentrales Vereinsregister (ZVR) geschaffen. Jeder Verein bekommt eine ZVR-Zahl, die er auf allen Schriftstücken, die in die Außenwelt gehen, anzuführen hat. Diese Bestimmung gilt ab sofort mit Inkrafttreten des Gesetzes. Es handelt sich jedoch nur um eine Ordnungsvorschrift, die nicht mit einer Strafsanktion belegt ist.

Die Bezirkshauptmannschaften haben ein (lokales) Vereinsregister zu führen. Diesem Register sind verschiedene Daten über den Verein (Name, Adresse, organschaftl. Vertreter etc.) bereitzuhalten. Das lokale Vereinsregister ist ein öffentliches Register. Die Vereinsbehörden haben auf Verlangen jedermann Auskunft zu erteilen.

Mitteilungspflichten
Das Leitungsorgan (Vorstand) hat die vertretungsbefugten Mitglieder und sonstigen organschaftlichen Vertreter nach ihrer Bestellung - unter Angabe ihrer statutenmäßigen Funktion, ihres Namens, Geburtsdatums, Geburtsortes, zustellfähigen Anschrift und ihrer ZVR-Zahl sowie der Beginn ihrer Tätigkeit - der Vereinsbehörde unverzüglich bekannt zu geben. Diese Mitteilungen sind gebührenfrei. Eine Strafsanktion ist bei Verletzung auch hier nicht vorgesehen.

Informationspflicht des Vorstandes
Der Vorstand ist verpflichtet, regelmäßig in der Mitgliederversammlung über die Tätigkeit und die finanzielle Gebarung des Vereins zu informieren. Wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder dies verlangt, hat der Vorstand eine solche Information den betreffenden Mitgliedern auch außerhalb der Mitgliederversammlung innerhalb von 4 Wochen zu erteilen. Eine Statutenänderung müsste dann vorgenommen werden, wenn in den derzeitigen Statuten etwas ungünstigeres für die Mitglieder vorgesehen ist.

Rechnungslegung (= Pflicht des Vorstandes)
Diese Verpflichtungen gelten ab Inkrafttreten des Gesetzes, unabhängig davon was in den Statuten steht.

Der Vorstand hat dafür zu sorgen, dass die Finanzlage des Vereins rechtzeitig und hinreichend erkennbar ist. Er hat ein entsprechendes Rechnungswesen einzurichten, insbesondere für die laufende Aufzeichnung der Einnahmen und Ausgaben zu sorgen. Der Vorstand hat innerhalb von 5 Monaten nach Ablauf eines Rechnungsjahres eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung samt Vermögensübersicht zu erstellen.

Die Rechnungsprüfer haben die Finanzgebarung des Vereins und die statutengemäße Verwendung der Mittel innerhalb von 4 Monaten ab Erstellung der Einnahmen- und Ausgabenrechnung zu prüfen. Das Leitungsorgan hat den Rechnungsprüfern die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Die Anpassung der Statuten ist hier dann erforderlich, wenn die Statuten bereits Ähnliches normieren, dabei aber weniger streng sind.

Groß-Vereine
Für Vereine, die gewöhnliche Einnahmen oder Ausgaben von mehr als € 1 Mio. pro Rechnungsjahr erzielen, muss an Stelle der Einnahmen- und Ausgabenrechnung ein Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) erstellt werden. Bei Vereinen, die mehr als € 3 Mio. gewöhnliche Einnahmen und Ausgaben pro Jahr erwirtschaften, muss ein erweiterter Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang) erstellt werden und überdies muss eine Abschlussprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden.

Haftung des Vorstandes
Ein Vorstand, der diese minimalen Rechnungslegungspflichten nicht einhält und dem Verein dadurch Schaden zufügt oder gar dessen Insolvenz zu verantworten hat, wird schadenersatzpflichtig!

Sinngemäß haben Vorstandsmitglieder auch bisher schon so gehaftet. Neu ist nur, dass dies nun auch im Gesetz steht. Man wird sehen müssen, ob dies die Gerichte zu einer Verschärfung ihrer Haftungsjudikatur motivieren wird.

Haftung für Verbindlichkeiten
Grundsätzlich haftet für Verbindlichkeiten der Verein selbst mit seinem Vermögen. Die Organwalter (Vorstand) und die Vereinsmitglieder haften persönlich nur dann, wenn sich dies aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder auf Grund persönlicher rechtsgeschäftlicher Verpflichtungen ergibt.

Vielfach existierte der Irrglaube, Vorstandsmitglieder oder gar Vereinsmitglieder würden automatisch für Vereinsschulden haften. Es war daher sinnvoll nun mit klaren Gesetzeswortlauten hervorzuheben, dass dem nicht so ist. Dies entspricht auch dem Wesen der juristischen Person, deren Vermögen getrennt ist.

Haftungen für Organwalter (Vorstand etc.) und Vereinsmitglieder können sich jedoch aus dem Strafgesetzbuch (fahrlässige und betrügerische Krida, aus den Abgabengesetzen, bei Steuerhinterziehung und Abgabenverkürzung wegen schuldhafter Pflichtverletzung) oder aus dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG für Einbehaltung von Dienstnehmeranteilen) ergeben.

Haftung der Organwalter und Rechnungsprüfer gegenüber dem Verein
Obwohl es bisher nicht ausdrücklich geregelt war, so hafteten die Vereinsorgane und die Rechnungsprüfer ihrem Verein gegenüber, wenn sie ihre Pflichten nicht ordentlich erfüllten. Auch diese Haftung und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen ist zur Klarstellung ausdrücklich im neuen Gesetz geregelt.

Organwalter können insbesondere schadenersatzpflichtig werden, wenn sie schuldhaft

  • Vereinsvermögen zweckwidrig verwenden
  • Vereinsvorhaben ohne ausreichende finanzielle Sicherung in Angriff nehmen
  • ihre Verpflichtungen betreffend Finanz- und Rechnungswesen missachten
  • die Eröffnung des Konkursverfahrens nicht rechtzeitig beantragen
  • bei der Auflösung des Vereins die Abwicklung behindern oder vereiteln oder
  • ein Verhalten gesetzt haben, wodurch der Verein gegenüber seinen Mitgliedern oder gegenüber Dritten schadenersatzpflichtig geworden ist.

Wie der Verein Ersatzansprüche gegenüber einem Organwalter geltend macht, ist im Vereinsgesetz detailliert geregelt.

Strafbestimmungen
Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde (oder Bundespolizeidirektion) mit Geldstrafe bis zu € 218,00 Euro im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu € 726,00 Euro zu bestrafen, wer

  • die Errichtung eines Vereins vor Aufnahme einer über die Vereinbarung von Statuten und die allfällige Bestellung der ersten organschaftlichen Vertreter hinausgehenden Vereinstätigkeit nicht anzeigt
  • trotz Erklärung der Vereinsbehörde über die Nicht-Gestattung eine Vereinstätigkeit ausübt oder auf der Grundlage geänderter Statuten fortsetzt
    oder
  • nach rechtskräftiger Auflösung des Vereins die Vereinstätigkeit fortsetzt
  • als zur Vertretung des Vereins berufener Organwalter (Vorstand)
    a) die Anzeige einer Statutenänderung unterlässt oder
    b) die organschaftlichen Vertreter des Vereins oder die Vereinsanschrift nicht bekannt gibt oder
    c) die freiwillige Auflösung des Vereins nicht anzeigt oder die Veröffentlichung unterlässt oder
    d) die Mitteilung der Beendigung der Abwicklung nach freiwilliger Auflösung des Vereins unterlässt
  • als Abwickler die Mitteilung der Beendigung der Abwicklung nach freiwilliger Auflösung des Vereins unterlässt

Zusammenfassung
Das neue Vereinsgesetz 2002 schafft einen zeitgemäßen Rahmen, welcher den Erfordernissen der ideellen Vereine gerecht wird. Vielfach handelt es sich um eine Normierung bereits gültiger, aber im Vereinsgesetz nicht enthaltener Bestimmungen. Wirkliche Neuerungen sind das zentrale Vereinsregister und die neuen Bestimmungen über die Rechnungslegung.

Eine Überprüfung der Statuten und eine Information aller Organe des Vereines ist jedoch in jedem Fall angebracht.

Eine Verunsicherung von Vereinsmitgliedern oder den ehrenamtlichen Vereinsorganen erfolgte durch einige Falschmeldungen in verschiedenen Zeitungen, wo behauptet wurde, dass die Haftungsfrage grundlegend geändert und verschärft wurde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ob es zu einer allfälligen Verschärfung der Rechtssprechung kommt, wird abzuwarten sein.

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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