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Pistenrowdies

Maßnahmen gegen Kamikaze-Schifahrer
Gastautor Dr. Markus Schröcksnadel: Die Zahl der Kollisionsunfälle aufgrund rücksichtslosen Verhaltens erhöht sich von Jahr zu Jahr. 

Die Zahl der Kollissionsunfälle aufgrund rücksichtslosen Fahrverhaltens erhöht sich auf österr. Schipisten von Jahr zu Jahr. Die Verantwortlichen der Touristikbranche diskutieren schon seit Jahren die Möglichkeiten, Personen von der Benützung von Schipisten und Schirouten auszuschließen, sei es zu deren eigenem Schutz oder um andere zu schützen. Im folgenden sollen die Möglichkeiten, die das österr. Recht für einen solchen Ausschluß vorsieht, kurz skizziert werden. Die Grundlage dieses Beitrages bildet ein Referat, welches ich bei den Kaprunner Schigesprächen im Jahre 1992 gehalten habe.

Da sich das Recht systematisch in Öffentliches- und Privatrecht unterscheidet, müssen die Ausschlußmöglichkeiten auch unter diesen beiden Blickwinkeln betrachtet werden.

Öffentlichrechtliche Möglichkeiten

Zu den öffentlich rechtlichen Möglichkeiten eines Schipistenausschlußes:Ein Ausschluß unter diesem Blickwinkel kann entweder auf gesetzlichen Bestimmungen oder auf Verordnungen basieren. Zu den gesetzlichen Bestimmungen zählt hierbei insbesondere das Vlbg. Sportgesetz. Das Vlbg. Sportgesetz beinhaltet Regelungen, die es ermöglichen, Personen von der Pisten- und Schiroutenbenützung grundsätzlich auszuschließen. Gemäß § 2 Sportgesetz hat sich jedermann so zu verhalten, daß andere Menschen nicht mehr gefährdet, behindert oder belästigt werden, als dies nach den allgemeinen anerkannten Regeln des Sportes zulässig oder mangels solcher nach den Umständen unvermeidbar ist. Es können zur Ergänzung dieses Gesetzes auch Verordnungen durch die Landesregierung erlassen werden. Solche Verordnungen sind jedoch von der Vlbg. Landesregierung bisher noch nicht erlassen worden. § 6 Sportgesetz beinhaltet weiters, daß die Benützung von Motorschlitten ohne Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft auf Schipisten und Schirouten untersagt ist. Die §§ 12, 13 und 14 Sportgesetz sehen die Möglichkeiten von Pistenwächtern vor. So kann ein Pistenwächter ein Schiverbot verhängen und/oder Schibob, Snowboards etc. vorübergehend abnehmen. Auch hiedurch könnte sich ein indirekter Ausschluß von der Pistenbenützung ergeben. Pistenwächter sind bisher in Vorarlberg noch nicht eingeführt worden. In Tirol wurden vom österr. Schiverband in der Axamer Lizum in diesem Jahr versuchsweise solche Pistenwächter eingesetzt, wobei diese noch keine tatsächlichen Sanktionsmöglichkeiten erhalten haben.

Neben diesen gesetzlichen Bestimmungen gibt es in den einzelnen Ländern die verschiedensten Katastrophenhilfendienstgesetze, die es unter anderem ermöglichen, per Verordnung die Sperre einer Schiabfahrt bei Lawinengefahr durchzuführen. Hiedurch wird jedermann von der Benützung ausgeschlossen. Weiters sind hier noch die sogenannten ortspolizeilichen Verordnungen zu nennen, welche ebenfalls zu einer Pistensperre führen könnten. Abschließend zu der öffentlichen rechtlichen Frage sind noch diverse Verordnungen aus den Kriegs- und Vorkriegszeiten zu nennen, welche ebenfalls zu einer Pistensperre bzw. zu einem Ausschluß einzelner Personen von der Pistenbenützung benützt werden könnten. Diese Verordnungen sind jedoch eher als rechtliche Kuriosa zu betrachten und sind meist selbst den ortsansässigen Juristen unbekannt und werden auch kaum angewendet.

Privatrechtliche Ausschlußmöglichkeiten von der Pistenbenützung

Vorweg ist hier anzuführen, daß ich bei meinen nachfolgenden Bemerkungen
von der nunmehr herrschenden Meinung ausgehe, daß es in Österreich grundsätzlich- keinen Kontrahierungszwang (Beförderungszwang) für alpine Aufstiegshilfen gibt.

Beförderungsunternehmen schließen mit den Benützern von Skipisten und Skirouten gewöhnlich Beförderungsverträge ab, die bestimmte Nebenpflichten aufweisen. Diese Nebenpflichten sind jedoch in der Regel nicht detailliert vereinbart, sondern zumeist nur grob bestimmt, sodaß in einem Streitfall auf eine reichhaltige, nicht jedoch immer ganz einheitliche Judikatur zurückgegriffen wird. Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, daß folgende Nebenpflichten regelmäßig vereinbart werden:

a) Das Verbot gesperrte Hänge zu befahren

Das Übertreten dieses Verbotes kann sowohl Rechtsgüter des Benützers, wie auch des Beförderungsunternehmens als auch andere Pistenbenützer beeinträchtigen. Vereinbart wird dieses Verbot meistens durch Hinweistafeln oder sonstige spezielle Informationseinrichtungen.

b) Verpflichtung seinem Können entsprechend zu fahren

Die Einteilung der Pisten nach Schwierigkeitsgraden ist in der Regel überall groß angeschrieben. Dadurch wird also nicht nur eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht vereinbart, sondern auch die Verpflichtung, die Wahl der Abfahrtsstrecken an seinem eigenen Können zu orientieren.

Diese zwei Sorgfaltspflichten sind meines Erachtens durch den Kauf der Liftkarte schon vereinbart. Sonstige Nebenpflichten existieren sicher, sind aber in der genauen Ausformung jedenfalls nicht unumstritten und nicht eindeutig ausjudiziert. Das ist an sich bedauerlich, da hier grundsätzlich Möglichkeiten vorhanden wären, etwa gegen Pistenrowdis privatrechtlich schnell und erfolgreich vorzugehen. Wie kann nun aber gegen Skipistenbenützer vorgegangen werden, die sich nicht an solche diverse vereinbarte Verbote halten?

Hier kommt insbesondere die außerordentliche Kündigung des Beförderungsvertrages in Frage, dh also der Ausschluß von der Benützung der Skipisten und Skirouten bzw. auch der Ausschluß von der Beförderung, der an sich den gleichen Zweck erfüllt, da nicht davon ausgegangen werden kann, daß diese sogenannten Pistenrowdis dann zu Fuß den Berg hinauf gehen. Damit es zu einem solchen Ausschluß kommt, müssen die Pistenrowdis ein Verhalten setzen, daß das Vertrauensverhältnis soweit beeinträchtigt, das eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses (Liftbeförderung) nicht mehr zumutbar ist. Ein solches Verhalten wird unter Juristen meist mit den sogenannten "wichtigen Gründen" umschrieben. Es bereitet jedoch in der Praxis große Schwierigkeiten diese wichtigen Gründe herauszufiltern und zu beurteilen. Ein zusätzliches Problem ergibt sich daraus, daß Fälle von extremen Fehlverhalten auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung und Pflicht gesehen werden müssen. Dies bedeutet, daß die Liftunternehmer unter Umständen geradezu verpflichtet sind, Schiläufer von der weiteren Beförderung bei extremem Fehlverhalten auszuschließen.

Die wichtigen Gründe einer außerordentlichen Kündigung (Ausschluß von der Liftbeförderung):
Die vertragliche Festsetzung bestimmter Auflösungsgründe ist auch für zeitlich begrenzte Liftkarten (Tageskarten etc.) möglich. Dies würde bei entsprechender Aufnahme in den Beförderungsvertrag große Vorteile bringen, da sonst wiederum die sogenannten "wichtigen Gründe" im Streitfalle durch die Gericht interpretiert werden müßten. Es soll daher an dieser Stelle statt der Bestimmung wichtiger Gründe, die immer umstritten sein werden ein Vorschlag gemachten werden, welche Auflösungsgründe expressis verbis in den Beförderungsvertrag aufzunehmen wären. Solche Gründe sollten meiner Meinung sein:

Einfahren in lawinengesperrte Hänge; Beschädigung oder Entfernung von Sicherheitseinrichtungen;

Diese beiden Gründe sind leicht feststellbar und bieten auch keinerlei Wertungsprobleme. Daneben sollte meiner Meinung nach folgender Auffangtatbestand in den Beförderungsvertrag aufgenommen werden.

Grobe Verletzung von Pistenregeln

Die Pistenregeln sollten dann ausdrücklich zum Vertragsinhalt gemacht werden. Hier ist allerdings zu beachten, daß es ein Wertungsproblem darstellt, was eine grobe Vertragsverletzung ist. Daher sollte nur dann eingeschritten werde, wenn es für jedermann klar ersichtlich ist. Auf diese drei Punkte kann leicht hingewiesen werden und sie können gut ersichtlich an verschiedenen Stellen, besonders im Kassenbereich, angebracht werden. Dies würde meiner Meinung nach auch einen besonders wirksamen Erziehungsefekt haben.

Wie können nun diese Auflösungsgründe festgestellt werde?

Ausgegangen wird von den oben vorgeschlagenen drei Auflösungsgründen. Am ehesten ist es wohl dem Bediensteten eines Beförderungsunternehmens möglich, derartige Verfehlungen festzustellen. Möglich insbesondere -bei sehr großen Skigebieten - wäre auch die Einsetzung eines betriebseigenen Ordnungsdienstes. In beiden Fällen sollte aber die Ermahnung im Vordergrund stehen, nur in krassen Fällen, das sind meiner Meinung nach, das Befahren von lawinengesperrten Hängen, die absichtliche Beschädigung oder Entfernung von Sicherheitseinrichtungen, sowie mehrmaliges grobes pistenregelwidriges Verhalten oder konkrete Schadenszufügung sollte zur Auflösung des Liftbeförderungsvertrages führen.

Ist nun ein Auflösungsgrund in der Praxis festgestellt worden, so stellt sich die Frage, wie nun weiter vorgegangen werden soll. Schließlich existiert im Regelfall nicht nur ein Lift sondern derer vieler, sodaß es den Liftbenützern ein Leichtes ist, in der Anonymität der Masse unterzutauchen und andere Lifte und Pisten zu benützen. Es ist also die außerordentliche Kündigung irgendwie ersichtlich zu machen. Zu dem muß die Auflösung des Beförderungsvertrages von einer befugten Stelle ausgesprochen werden. Das Beförderungsunternehmen hat daher dem in Frage kommenden Personal eine entsprechende Vollmacht auszuhändigen. Ist die Auflösung des Beförderungsvertrages wirksam ausgesprochen, so muß dies den anderen, zum Beförderungsunternehmen gehörenden Liften mitgeteilt werden. Die einfachste Möglichkeit hiezu wäre es, wenn der Betreffende eine weitere Liftfahrt antreten will, die Fahrkarte einzubehalten bzw. mit einem Stempel zu versehen. Es müßten so keinerlei Zwangsmaßnahmen angewendet werden. Diesbezüglich müßte jedoch eine vertragliche Regelung vorgesehen werden, damit dieses Handeln rechtlich gedeckt wäre. Ein entsprechender Anschlag bei der Kassa oder Talstation dürfte dazu ausreichen.

Zusammenfassend kann man also sagen, daß es im österreichischen Recht durchaus praktische Möglichkeiten gibt, bestimmte Personen von der Pistenbenützung auszuschließen. Zuständig für die Exekution solcher Ausschlüsse sind je nach öffentlich rechtlicher oder privatrechtlicher Grundlage die zuständigen Behörden, bzw. die Liftunternehmen.

Der Autor

Dr. Markus Schröcksnadel, geboren am 20.04.1964 in Innsbruck; 4 Jahre Volksschule in Völs; 8 Jahre Bundesrealgymnasium Innsbruck; Studium der Rechtswissenschaften, Dissertationsthema: "Pistenordnung und Pistenpolizze“ - tätig in der Sitour-Gruppe als Geschäftsführer; die Firma Sitour vertreibt welt-weit Schipanoramatafeln, Warntafeln und Pistenmarkierungen. Eine ihrer Tochterunternehmen die Firma Feratel, zeichnet auch verantwortlich für das Wetterpanorama im ORF.

Rechtsanwälte
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