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Verschärfung der Veranstalterhaftung

Kürzlich wurde ein Urteil des Obersten Gerichtshofes veröffentlicht, das nach meiner Auffassung die Haftung für die Veranstalter, insbesondere von risikobehafteten Sportereignissen, verschärft. Um dies zu demonstrieren, möchte ich zunächst auf den beurteilten Fall eingehen.

„Flying Fox“
Der österr. Alpenverein organisierte die Veranstaltung „Eis Total“ im Alpinzentrum Rudolfshütte. Bei der Staumauer wurde ein so genannter "Flying Fox" aufgebaut. Es handelt sich hierbei um eine „Seilbahnanlage“, die ca. 180 m lang war und einen Höhenunterschied von ca. 40 m aufwies. Die Teilnehmer konnten sich hier mittels Seilrollen und Karabiner von der Staumauer zum gegenüberliegenden Hang abseilen. Obwohl die Veranstaltung gut organisiert war und Bergführer das richtige Verhalten beim Start kontrollierten, ereignete sich ein Unfall. Ein Teilnehmer, der sich entgegen der Freigabe durch den Bergführer zu früh abseilte, kollidierte mit seinem Vorgänger. Er erlitt einen Unterschenkelbruch und verlangte mit seiner Klage ca. € 60.000,00 Schadenersatz. Beklagte Parteien waren ein Bergführer und der österreichische Alpenverein.

Der Bergführer wurde in zweiter Instanz von jeder Haftung freigesprochen, der österreichische Alpenverein aber zum Schadenersatz verurteilt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte dieses Urteil. Er begründete die Klagsabweisung gegen den Bergführer damit, dass ihm kein Fehlverhalten vorgeworfen werden könne. Umso mehr überrascht es, dass dem Alpenverein als Veranstalter ein Fehler angelastet wurde. Nach Ansicht des OGH war es nicht ausreichend, bei dieser Veranstaltung staatlich geprüfte Bergführer mit der Durchführung der Sicherheitsvorkehrungen zu betrauen. Der österreichische Alpenverein hätte die Bergführer anweisen müssen, die Teilnehmer erst dann ins Seil einzuhängen, wenn der vorherige Teilnehmer unten bereits aus dem Seil ausgehängt war. Der ÖAV als Veranstalter hätte also über sinnvolle Sicherheitsvorkehrungen im Vorhinein nachdenken und die Bergführer dazu anhalten müssen.

Neuer Maßstab
Auf Grund des „Flying Fox“- Urteils könnte es nun zu einer weiteren Haftungsverschärfung für Veranstalter kommen, egal ob es sich um einen Verein, eine Firma oder eine Privatperson handelt. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich ausgesprochen, dass es bei Durchführung von Veranstaltungen nicht immer ausreichend ist, die Verantwortung einem befugten Spezialisten zu übertragen. Er hat sich darüber zu informieren, welche Sicherungsmaßnahmen vorgekehrt worden sind, gegebenenfalls darüber hinaus gehende zu verlangen und sicherzustellen, dass sie auch eingehalten werden. Für die Praxis wird dies bedeuten, dass bei gefährlichen Veranstaltungen ein eigenes Sicherheitsmanagement eingerichtet werden muss, das die Risiken und Gefahrenquellen von allen Seiten her beleuchtet und entsprechende Vorkehrungen vorschreibt und sicherstellt, dass sie eingehalten werden. Es genügt nicht, darauf zu vertrauen, dass der Fachmann, der die Veranstaltung durchführt, dies aus eigenem und in ausreichendem Maße veranlasst. Zwar gilt dieser strenge Haftungsmaßstab nicht für jede einfache Veranstaltung, wohl aber bei solchen, bei denen zumindest in gewissem Ausmaß Gefahren und Risiken für Teilnehmer und Zuschauer auftreten könnten.

In diesem Zusammenhang darf ich noch einmal auf die übliche Veranstalterhaftung zurückkommen, die unbeschadet besonderer Risken in jedem Falle vorliegt.

Haftung allgemein
Veranstalter ist derjenige, der nach außen hin als Organisator in Erscheinung tritt. Jeder der eine Veranstaltung, insbesondere eine Sportveranstaltung durchführt, hat entsprechende Verkehrssicherungspflichten zu beachten und alle zum Schutz der Teilnehmer erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen. Dies gilt unabhängig davon, ob die für Veranstaltung Eintrittsgeld kassiert wird oder nicht.

Besonders zu erwähnen ist, dass der Veranstalter nicht nur für eigenes Fehlverhalten zu haften hat, sondern auch für das Fehlverhalten von beauftragten Dritten, egal ob es sich hierbei um Firmen oder Einzelpersonen handelt. Der Veranstalter hat also für das fehlerhafte Verhalten seines so genannten „Erfüllungsgehilfen“ einzustehen und gegebenenfalls Schadenersatz zu leisten. Strafrechtlich geht die Haftung aber nicht so weit.

Vereinsvorstand
Im Juli letzten Jahres ist das neue Vereinsgesetz in Kraft getreten. Darin wurden erstmals Haftungsbestimmungen für die Vereinsorgane (Obmann und Vorstand) mit aufgenommen. In einer Vortragsreihe zu diesem Thema, die ich gemeinsam mit der Bezirkshauptmannschaft Bludenz und mehreren Gemeinden durchgeführt habe, war die Haftung der Vereinsorgane immer wieder ein zentrales Thema und Anlass für lebhafte Diskussionen. Dies ging sogar so weit, dass Diskussionsteilnehmer, die ehrenamtlich Vereinsfunktionen ausüben, über den umfangreichen Haftungsrahmen einigermaßen erschraken und dies nur mit Unmut zur Kenntnis nahmen. Das nunmehr vorliegende Urteil des Obersten Gerichtshofes, könnte die Haftung des Vereines sowie die Haftung der Organe bei Veranstaltungen noch verschärfen.

Nochmals zusammengefasst: Vereinsorgane haften, wenn einer dritten Person (zB einem Teilnehmer) ein Schaden entsteht, weil gegen eine Schutzvorschrift (zB Bauvorschriften, Sicherheitsvorschriften) verstoßen wurde. Diese Haftung ist aber nicht verschuldensunabhängig, sondern sie hat immer ein zumindest fahrlässiges Fehlverhalten der Vereinsorgane zur Voraussetzung. Die Beurteilung, ob ein fahrlässiges Verhalten vorliegt, hängt vom Einzelfall ab und müsste letztendlich vom Gericht beurteilt werden.

Kritik
Abschließend komme ich nochmals auf das eingangs zitierte oberstgerichtliche Urteil zurück. Da ich mit diesen Fragen in der Praxis häufig befasst bin, erlaube ich mir, meine persönliche Stellungnahme darzulegen:

Ob eine Verschärfung der Haftung für Veranstalter notwendig ist, kann meines Erachtens dahingestellt bleiben. Aus Sicht des Teilnehmers wird dies begrüßenswert sein, aus der Sicht des Veranstalters eher problematisch und demotivierend. Fragwürdig erscheint mir die Trennung der Haftung zwischen den mit der Veranstaltung betrauten Personen, die für die Sicherheit zuständig sind und dem Veranstalter selbst. Es ist nicht einzusehen, warum ein Veranstalter strenger haften sollte, als die von ihm beauftragten Fachleute. Dem Veranstalter ist es schließlich nicht zumutbar, sich mehr Fachwissen anzueignen, als die entsprechenden Spezialisten. Der OGH verlangt bei gefährlichen Events offenbar darüber hinaus ein spezielles Sicherheitsmanagement, das der Veranstalter einzurichten hat.

Ob dieses Urteil wirklich zu einer Haftungsverschärfung führen wird, wird die Zukunft zeigen, es ist jedoch ein deutlicher Hinweis in diese Richtung. Organisatoren, Vereinsvorstände und Funktionäre sollten sich dessen bewusst sein.

Tipps

  • Spezielle Haftpflichtversicherung für jede Veranstaltung abschließen!
    (Kosten sind relativ gering);
  • Für die Sicherheit beauftragte Personen und Firmen sorgfältig auswählen;
  • Checkliste bezüglich sicherheitstechnischen Anforderungen erstellen und den durchführenden Personen entsprechende Anweisungen erteilen;
  • Haftungsausschlüsse (d.h. Klauseln wie zB. „Die Haftung des Veranstalters wird ausgeschlossen“) sind grundsätzlich unwirksam.

Mag. Patrick Piccolruaz

ÖAV Bergfreund, 01.10.2003

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

Werdenbergerstraße 38
6700 Bludenz
Vorarlberg, Österreich

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