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EuGH: «In-house»-Vergaben erschwert

Der Europäische Gerichtshof hat vor kurzem eine grundlegende Entscheidung zu den „In-house"-Vergaben gefällt, die für öffentliche Auftraggeber weitreichende Bedeutung haben wird.
 
Im Anlassfall beauftragte eine deutsche Stadt eine ihr mehrheitlich gehörende GesmbH, an der auch eine private Firma beteiligt war, ohne vorheriges Vergabeverfahren mit der Entsorgung kommunaler Abfälle. Über einen Einspruch gelangte ein Konkurrent zum EuGH. Der EuGH modifizierte nunmehr seine bisherige Rechtsansicht (Teckal-Urteil).

Bisher waren „In-house“-Geschäfte als ausschreibungsfrei eingestuft worden, wenn der Auftraggeber eine beherrschende Kontrolle über die beauftragte Gesellschaft ausübt. Nunmehr führt der EuGH aus: Eine Ausschreibungsfreiheit müsse auch für alle jene Fälle ausgeschlossen werden, in denen ein Privater auch nur eine Minderheitsbeteiligung am beauftragten Unternehmens hält. Die Vergabe an ein so genanntes „gemischtwirtschaftliches Unternehmen" ohne Ausschreibung verfälsche den Wettbewerb und beeinträchtige die Gleichbehandlung von Unternehmen, weil dadurch einem Privaten, der an einem solchen gemeinwirtschaftlichen Unternehmen beteiligt ist, ein Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschafft würde.

Die Konsequenzen sind weitreichend. Viele öffentliche Auftraggeber haben bisher gemischtwirtschaftliche Gesellschaften ausschreibungsfrei mit Aufträgen betraut, die teilweise recht lange Laufzeiten haben. Der EuGH hat mit seinem jüngsten Urteil nicht nur den vergabefreien Raum weiter eingeschränkt, auch der Fortbestand bereits geschlossener „In-house"-Geschäfte ist gefährdet. Denn nach Auffassung der Richter wirkt der Verstoß gegen das Vergaberecht bis zum Zeitpunkt der Beendigung eines Vertrages weiter. Andererseits sind die laufenden Verträge in gutem Glauben auf die bisherige Rechtsprechung abgeschlossen worden, sodass ich mir eine vorzeitige Auflösung unter Berufung auf das neue Urteil nicht vorstellen kann. In Zukunft sind jedoch freihändige „In-house"-Vergaben an Gesellschaften, an denen Private auch nur eine geringe Beteiligung haben, nicht mehr zulässig.

Dr. Stefan Müller, Rechtsanwalt in Bludenz

Vorarlberger Nachrichten, 19.03.2005

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