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Rechnung ohne den Wirt gemacht

Mit enormen Schwierigkeiten waren bisher heimische Hoteliers konfrontiert, die offene Rechnungen im Ausland eintreiben wollten. Nun hat der Bludenzer Anwalt Dr. Stefan Müller ein Höchstgerichtsurteil erstritten, wonach Zechprellern bedeutend leichter auf die Finger geklopft werden kann.

(Von Peter Barta) „High Life“ in Lech. Zahlreiche Promis, Blaublütige und noch mehr Neureiche tummeln sich auf den Pisten. Heimische Lederhosen-Casanovas, Baulöwen, Formel-I-Stars, Chefredakteure, Winkeladvokaten und russische Mafiosi hängen sich gegenseitig die Liftbügel unter den Hintern. An den Skibars fließt der Champagner in Strömen, die „Tussis“ fallen reihenweise, der Rubel (und die D-Mark) rollt.

Die Made im Speck

Mitten in die „Schicki-Micki-„Szene nistete sich ein 42jähriger Deutscher ein. Zu Silvester checkte er frech-fröhlich in einem Hotel ein und lebte von nun an wie die Made im Speck. Die Ski-Ausrüstung lieh er sich beim lokalen Sportartikelhändler. Fünfmal wechselte er die Unterkunft. All dies, ohne jemals zu bezahlen. Am 16. Jänner wurde der Deutsche schließlich festgenommen. Da er überhaupt kein Geld besaß, muß er mit einem Prozeß wegen Betrugs rechnen.

Ein Einzelfall? Sicher. Auch jene, die den Sekt am liebsten im Doppelliter bestellen würden und plötzlich übers Klofenster abhauen, seien eher selten, tönt es von des Arlbergs Höh‘. Außerdem prellen die ja höchstens den Kellner, weil dieser in den allermeisten Fällen für die Abrechnungen haftet.

Die todkranke Oma

Viel mehr Kopfzerbrechen bereiten den Wirten jene Gäste, die mit fadenscheinigen Ausreden entweder früher abreisen oder trotz Fixbuchung später oder gar nicht kommen. Ein paar Regentage oder weniger Schnee als üblich reichen schon, um die Gattin erkranken oder die Oma sterben zu lassen.

Daß hier erkleckliche Beträge oft in den Kamin geschrieben werden müssen, beweist der Fall eines deutschen Gastes, der sich von seinem Hotel im Montafon verabschiedete, ohne zu bezahlen. Die offene Zeche: 170.000 Alpendollars!

Bis ins letzte Iglu

Doch damit fing für die Hoteliers der Ärger erst an: Denn bisher mußten sie einen Anwalt am Wohnort des Gastes mit der Geldeintreibung beauftragen. Außerdem mußte das dortige Gericht „im Amtswege“ ersucht werden, österreichisches Recht anzuwenden – egal, ob der Schuldner aus Gelsenkirchen, Timbuktu oder Ulan Bator stammt. Wurden diese nicht unbeträchtlichen Hürden genommen, mußte ein Inkassobüro vor Ort beauftragt werden, der den Schuldner bis ins letzte Iglu nach Grönland verfolgte. Dazu kamen noch Übersetzungskosten, die sich gewaschen hatten. Klar, daß da so mancher Hotelier resigniert die Schultern zuckte und den verschwundenen Gast als „Schwund" abbuchte.

Nicht so der Montafoner Hotelier und sein Anwalt Dr. Stefan Müller aus Bludenz: Das sogenannte „Lugano-Abkommen“, das seit 1997 im gesamten EWR-Raum die Zuständigkeit der Gerichte und die Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen regelt, ermöglichte Müller eine Klage der besonderen Art: Er erstritt für seinen Montafoner Hotelier-Klienten ein Urteil am Obersten Gerichtshof, das nicht unbedeutend ist: Von nun an können geprellte Geschäftsleute ihre ausländischen Schuldner vor Ort – und nicht mehr ausschließlich an deren Wohnort – klagen. Damit ist wenigstens dem Amtsschimmel ein Riegel vorgeschoben, wenn auch die Zeche immer noch am Wohnort des Schuldners eingetrieben werden muß (und diese Kosten sind oft höher als die Schuld).

OGH-URTEIL ERSTRITTEN

„Die rechtliche Situation war für die Hoteliers äußerst mühsam“, so der Bludenzer Rechtsanwalt Dr. Stefan Müller (Anwalts-Sozietät Piccolruaz & Müller). „Wenn man sich die Kosten und Schwierigkeiten solch einer Prozedur der Geldeintreibung im Ausland vor Augen führt, verwundert es nicht, daß viele Geschäftsleute lieber auf ihr Recht verzichteten.“

Mit dem von Müller erstrittenen oberstgerichtlichen Urteil können die Hoteliers nun wenigstens bei österreichischen Gerichten die Klage einreichen.

„HERR OBER: ZAHLEN!“

„Wenn man den Kellner dreimal vergeblich um die Rechnung gerufen hat, kann man gehen, ohne zu bezahlen.“ Diese Geschichte hat wohl jeder schon einmal gehört. Trotzdem stimmt sie nicht.

Hat der „eilige Zecher“ wirklich einen dringenden Termin und muß aus der Bar sausen, und die Bedienung „schwimmt“ so sehr, daß sie trotz mehrmaliger Aufforderung keine Zeit für die Rechnung hat, so sollte man wenigstens seine Visitenkarte, einen Ausweis oder sein Handy zurücklassen. Damit wird demonstriert, daß man grundsätzlich zahlungswillig ist, wenn auch später. Eine „französische Verabschiedung" könnte begreiflicherweise immer als versuchte „Zechprellerei" ausgelegt werden. Übrigens. Diesen Begriff kennt das Strafgesetzbuch nicht. Es handelt sich dabei in den meisten Fällen um "Betrug".

Neue, 06.02.1998

Rechtsanwälte
PICCOLRUAZ & MÜLLER

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